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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 4): Denkmäler der neueren Zeit — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3504#0160
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Die Kirche St. Paul - St. Louis zu Paris.

(Der Text nach Jules Gailhabaud.~)

Die Jesuiten besassen in Paris nur ein Noviziat, in der Strasse Pot de Fer, als der Cardinal von
Bourbon, der Oheim Heinrich's IV., ihnen ein Professhaus zu gründen beschloss und ihnen zu diesem
Behuf, am 12. Januar 1580, ein grosses Gebäude überwies, welches er von der Herzogin von Montmorency,
Magdalena von Savoyen, gekauft hatte. Dies Gebäude hatte früher den Namen das Hotel de Rochepot
oder H. de Danville geführt; es reichte von der Strasse St. Paul bis zu der Strasse St. Antonie. Ausser-
dem Hess er ihnen aucli eine Kapelle bauen, die den heiligen Ludwig zum Schutzpatron empfing. Vom
Jahre 1582 ab wurden Haus und Kapelle mit den Namen dieses Heiligen bezeichnet, und die Jesuiten
selbst, die dort wohnten, nannten sich „Priester vom Hause des heiligen Ludwig."

Die Gesellschaft kam schnell in Aufnahme; die Kapelle war bald nicht mehr genügend. König
Ludwig XIII. setzte die frommen Väter in den Stand, eine andre zu bauen, indem er ihnen einen Bauplatz
überliess, der bisher durch Gräben und Mauern der alten Befestigung von Paris ausgefüllt gewesen war.
Sofort beschloss die Gesellschaft, hier eine neue Kirche, doch unter dem Patronat desselben Heiligen,
errichten zu lassen. Zwei Baumeister, Francois Derrand und Martel Ange, beide Mitglieder des Ordens,
legten dazu Baupläne vor. Martel Ange, ein Mann, der in seiner Kunst nicht ohne Geschicklichkeit war,
hatte sich vorgesetzt, die Jesuiterkirche in Rom nachzuahmen. Derrand hatte einen Plan entworfen, der
ganz seine eigne Erfindung war und der angenommen ward. Derrand erhielt auch die Leitung und Ober-
aufsicht des Baues selbst.

Am 16. März 1627 legte Ludwig der XIII., in Gegenwart des Erzbischofes von Paris, Francois de
Gondy, den ersten Stein zu der Kirche. Der Cardinal Richelieu Hess der Kirche, einige Jahre später,
anderweitige Begünstigungen zukommen. Auf seine Kosten ward im Jahre 1634 die Facade errichtet und
dies durch eine Inschrift über dem Portal, unter dem Wappen des Cardinais, verherrlicht. Im Jahre 1641
war der Bau vollendet; am 9. Mai dieses Jahres ward die Kirche geöffnet; Richelieu hielt dabei die erste
Messe; der König, die Königin und Gaston von Orleans waren mit anwesend und empfingen aus den
Händen des Kardinals das heilige Brod. Im Jahre 1764 wurde die Gesellschaft der Jesuiten aufgehoben,
ihr Haus, ihre Kirche geschlossen. Ludwig XV. übergab die letzteren den Stiftsgeistlichen des Ordens
Val des Ecoliers, die im Jahre 1635 mit der Congregation Ste. Genevieve du Moni verbunden waren und
deren bisher besessene Baulichkeiten den Einsturz drohten. Die Stiftsherren behielten ihre neue Wohnung
bis zur Revolution des Jahres 1789. In dieser Epoche wurde die Kirche St. Louis in eine Niederlage
der Klosterbibliotheken von Paris verwandelt, und darin ungefähr eine Summe von 1,200,000 Bänden, von
denen man das Pfund für 15 Centimes (etwa 6 Pfenninge) verkaufte, aufgestapelt. Die Kirche blieb
durch diese Bestimmung vor den gewaltthätigeren Zerstörungen und Schändungen bewahrt, denen so viele
andre in jener Zeit unterliegen mussten. Nach der Revolution wurde sie wieder für den Gottesdienst ein-
gerichtet. Im Jahre 1802, nach der Zerstörung der ihr benachbarten Kirche St. Paul, erhielt sie den
Doppelnamen St. Paul - St. Louis und die Bestimmung als Pfarrkirche.

Als der glänzendste Theil der Kirche ist unbedenklich die Facade zu bezeichnen. Der ungemeine
Luxus, der sich in den Verzierungen derselben kund giebt, lässt sie als eines der seltensten und merk-
würdigsten Beispiele des in seiner Blüthe stehenden Jesuiterstyles erkennen. Die Zeichnung, die wir
unsern Lesern vorlegen und bei der wir uns der von Derrand selbst im Jahre 1643 herausgegebenen
Schrift über diese Kirche bedient baben,*) giebt eine Anschauung von diesem Reichthum der Facade in
seiner ursprünglichen Beschaffenheit; heutigen Tages, nach den Stürmen jener Revolution, ist davon nicht
Vieles mehr übrig, und im Gegensatz gegen die fast parasytisch ausgearbeitete dekorirende Sculptur
fallen gegenwärtig die Hauptlinien und Massen der eigentlichen Architectur mehr in die Augen.

Der Ilauptdisposition nach ist der Aufriss der Facade dem der Kirche St. Gervais nachgeahmt. Audi
hier drei Säulenstellungen übereinander und in ähnlich sich verjüngenden Verhältnissen, nur etwas anders
vertheilt und alle der prächtigen korinthischen Säulenordnung angehörig, die oberste jedoch mit der ge-
ringen Veränderung des Capitals, welche zu der Bezeichnung der römischen oder der componirten Ordnung
geführt hat. In dem gebogenen Giebel über dem Hauptportal war früher das Wappen des Cardinal
Richelieu befindlich. Besonders zu bemerken ist das grosse, elliptisch geformte Fenster über dem Portal,
in dessen Mitte früher das Monogramm des Namens Jesus, das geheiligte Emblem des Jesuiterordens,
angebracht war. In den Nischen zu den Seiten dieses Fensters standen die Bildsäulen des II. Ignatius
von Loyola, des Stifters des Ordens, und des II. Franz Xaver, des Apostels von Indien; in der Nische
des Obergeschosses stand die Bildsäule des H. Ludwig, und über diesem das französische Wappen.

*) Königl. Bibliothek zu Paris, Abschnitt der Kupferstiche: Topographie von Paris, Quartier des Arsenals, Bd. It.
Denkmäler der Baukunst. XXVIII. Lieferung a.
 
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