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Geiges, Fritz
Der mittelalterliche Fensterschmuck des Freiburger Münsters: seine Geschichte, die Ursachen seines Zerfalles und die Maßnahmen zu seiner Wiederherstellung ; zugleich ein Beitrag zur Geschichte des Baues selbst (Band 2) — Freiburg i. Br., 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.11877#0002
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4. Die beiben U?eftrofcn

ein baugefchicbtlicb in mern* als einer f}inficht befonöers
bemerfensroert, haben öie in öer XDeftfrortt beiöerSei;
tenfcbjffe angeoröneten quaöratifchen Rofenfenfter als ard?i-
teftonifcfye £öfung feinen ungeteilten Beifall erfahren. „Sehr
geöanfenlos" bemerft Öa3u Defyio a. a. (D. — „ift öicttacfp
ahmung öer Strafeburger Rofe (nadj öem Rife, nidjt nach öer
Ausführung!) am töeftfcr/lufe öer Seitenfd?iffe; nicht nur,
bafe öiefes nad? feinem IDefen 3entrale irtotio an öie Seite ge-
rüdt ift, es roirö für öen Anblid auch oon öen (Beroölben häf3r
lief? überfdmitten." Unö in Übereinftimmung öamit finöet
auch 3ant$en, öafe öas öer frari3Öfifd?en (Botif entlehnte1,
öie $affabenmitte betonenöe ITCotio in feiner Hnorönung bei-
öerfeits öes (Xurmes nicht 3ur glüdlicbjten IDirfung gelangen
tonnte, öa es außen öurdj öie auslaöenöen (lurmftrebepfeiler
beeinträchtigt, im 3nnern aus öem 3entrum öer IDanö oer-
fchoben unö öamit in öer einen (Jde oon öen (Beroölben übers
fdmitten roeröe.

3n tDirflicfyfeit madjen fidj öie gerügten ITCängel jeöoch
feinesroegs in öer IDeife geltenö, roie öas bei einer geome
triften projeftion öer $affaöe öen Anfchein hat, unö aud) im
3nnern fommen fie öem nicr/t nüchtern analifierenöen Be
fdjauer unter öem (Hnörud öer blenöenöen IDirfung ihres
bunten Defors, öie — in öer farblofen IDieöergabe öes Raurm
bilöes ausfcbeiöenö — ftets ungeteilter Berounöerung begeg;
nete, faum ftörenö 3um Beroußtfein. 3umal im £id?te öer
flbenöfonne roirö öas Raumbilö bei einem Durcfyblid oon (Dft
nad? XPeft oöllig öurd) öie glüfyenbe $arbenpracbit öer Rofen
fenfter beherrfer/t, oon roeldjen 13. Schreiber fagte, baß fie
„ein roirflid? 3auberifches $arbenfpiel über öen (Eftrich unö an
öen Pfeilern oerbreiten". Unö öeffen öürfte fid? öer RTeifter,
öer öie fturmuntergefcfyoffe gefdjaffen, rooljl auch beroußt ge-
roefen fein, als er bei (Beftaltung öer anfchließenöen Seitem
fcbiffroänöe öas rei30olIe $enftermotio in feinen Bauplan auf-
nahm, ofme fieb, 3U fragen, ob fein regelroiöriges Dorgetjen
oor öem fritifcfyen Urteil einer anöers eingeftetlten Kattjeöer-
roeisheit fpäterer 3eit 3U beftef/en oermag. tDie öem aud)
fein mag, öer Rei3, öen über ein f/albes 3ahrrmnöert fpäter
öie Kunft öes (Blasmalers öem IDerf öes Steinmeßen oerlieh,
rechtfertigt oollauf öie öurd? öen TTTeifter öes Baues getroffene
Anorönung.

Betrachten mir 3unäcbjt öie Rofe öes nörölichen Sei-
tenf cljiff es, öie troß öer 3U Beginn öes oergangenen 3af?r-
rmnöerts in öer öamaligen ftümperr/aften IDeife ausgeflidten
Sin3elfcf)äöenin einem Tfiaße öer (Irr/altung überliefert rouröe,
öas - abgefer/en oon öem 3entralen Runöfelö, über öeffen
urfprüngliclje flusftattung mir jeglicher flnhaltspunfte ermam
geln — eine oöllig originalgetreue IDieöerherftellung ermög-
lichte.

r}inftchtlich feiner, bis auf öas in öen (Hfelöern eingeorö-
nete Stiftermappen, rein ornamentalen Kompofition in feiner
IDeife gegenftänölich gebunöen, hätte öer (Blasmaler feine
Aufgabe faum beffer löfen fönnen. Als „Belle rosace du
XIII siecle, d'une coloration intense" be3eicf?rtet (Dttin öas

Senfter, oon öeffen $arbenfpiel er fagt: ,,En allant vers les
bords eile passe en quelque sorte par toutes les teintes de
Pärc-en-ciel." Unö oon einem „prächtigen §arbenfon3ert"
fpricht f?. Kolb bei Befchreibung öer gleich irrtümlich ^em
15. 3af?rt?unfcert 3ugemiefenen Rofe, oon roeld^er er in feinem
1884 oeröffentlicbten (Xafelmerf über öie (Blasmalereien öes
Mittelalters unö öer Renaiffance öie farbige Aufnahme eines
(leilausfd)nittes bringt, öie jeöoch öaoon fein getreues Bilö
gibt. 3n erfter £inie öer foloriftifcbe Rei3 öer Rofenfenfter
mar es aud?, öer £. $. Oay a. a. (D. unter Abb. 186 311c tDie
öergabe öer alleröings noch umfänglicheren, feltfamermeife
nur mit „Part of a rose window, german 14"' Century" be-
3eicfmeten Sfi33e eines folchen Ausfdmittes oeranlaßte.

3n ihrer (Totalität beruht öie glücflicf?e $arbroirfung öer
Kompofition in öer gefdndten Aufteilung öer £)auptfläd?e öes
$enfterbilöes öurd? parallele freisförmige 3onen in öen Pri
märfarben Blau, Rot unö (Selb, 3mifchen roeldie öie unter
fid? fontraftierenöen Sefunöärfarben (Brün unö Diolett oer-
mittelnö eingefd]altet finö.

Auf öem in öiefer Reihenfolge geglieöerten $arbenfpiel
öes (Brunöes öer 16 raöialen $elöer fomie öer öiefe umrah'
menöen Dreipäffe entmidelt fid) öie öurd) öas befchränfte
Ausmaß öer ein3elnen £id)töffnungen öes Steinmerfes be
öingte, aus dfeu, Reblaub unö Rofen gebilöete, einfadie (Dr-
namentierung.

Die in öen Gden öer quaöratifch umrahmten Rofe eim
georönetengrößerenDierpäffegemährten einen angemeffenen
Raum für öas Stiftermappen, öas, in Rot ein meines
ITtüfjlraö 3eigenö, auf einen lichtblauen (Brunö gefegt ift, öen
ein Hetj etmas öunflerer Streifen über3tef?t, öie an öen Krem
3ungen oon oioletten Quaörätd)en unterbrochen finö. Allein
bei öemjenigen in öer rechten oberen (£de hatte man fid? im
t)inblid öarauf, öafe öasfelbe nur bei unmittelbarem t)eram
treten an öie $enfterroanö einigermaßen fid]tbar ift, mit einer
einfad?erenBebanölung begnügt. Abgefehenoon einigem$Iid^
merf alles noch tn oer urfprünglichen, aus 2 bis 4 mm breiten
Ruten beftehenöen Bleifaffung oorgefunöen, öas öoppelte
Ranöblei mit eingelegter IDeiöenrute, rouröe öas IDappen hier
in eine quaöratförmig aufgeteilte farblofe Derglafung gefetjt.

Auf (Brunö öiefes IDappens gilt öie Rofe als eine Stif5
tung öer IRüIler. 3n feiner im 6. 3afjrgang öer $reiburger
Hlünfterblätter oeröffentlichten Abhanölung über „IDappen
am $reiburger IHünfter" fdireibt K. Sdjufter 3U Abb. VIII:
„An öen IDänöen öer Surmpfeiler linfs unö rechts 00m in-
nern f)auptportaI befindet fid] je ein IDappen, öas in öer
$orm mit öem IDappen öer ITTüller in öem (Blasgemälöe öer
nörölichen $enfterrofe übereinftimmt. Die $arben öes Raöes
finö feöod) oerfchieöen, hier meiß, öort gelb", mo3U er roeiter-
hin bemerft: „fiine 3unft öer Hlüller fommt unter öen fpä-
teren 3mölf 3ünften nicht oor, es ift aber möglich, öaf$ unter
öen früheren ach^erm, in öeren 3eit öas (Blasgemälöe feöem
falls entftanöen ift, eine foldje beftanöen hat." IDir finö in
öiefer r^inficht jeöod) nidit auf Dermutungen angemiefen. Daß

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