Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
95

mit Erfolg die schwächsten Hände, sogar alte, kränkliche
oder leidende Frauen beschäftigt, daß dabei viele, sonst
verlorene, Zeit nützlich angewendet wird und daß sie sich
gut mit der Sorge für die Haushaltung und mit den
Feldgcschäften vereinigen läßt, kann man nicht umhin,
ihren Werth anzuerkennen. Ein solcher Industriezweig
ist um so mehr schätzenswerth, insofern er dem Feldbau
keine Hände entzieht; die Arbeiterinnen können sich auch
nur einen Theil des Jahres mit ihren Spitzen beschäf-
tigen; sie verlassen dieselben, wenn andere Arbeiten sie
rufen, und ergreifen sie nachher wieder mit Freuden;
sie fangen mit dieser Arbeit im sechsten oder siebenten
Jahre an, und können sic bis ins höchste Alter fort-
setzen. Man kann sagen, daß diese Arbeit zugleich für
das körperliche und geistige Wohlbefinden der Arbeiterin-
nen zuträglich ist, indem solche die Frauenzimmer nicht
in großen Werkstätten beisammen hält, nnd sic stets zur
Reinlichkeit anweist. Während des Winters versammeln
sich die Arbeiterinnen, namentlich des Abends, zu 10
oder 12 und arbeiten singend um eine Lampe, welche
durch einfache Vorkehrung alle Arbeitsrahmen beleuchtet;
im Sommer sitzen sie mit ihren Arbeiten vor die Woh-
nungen oder ins Freie. Auch dem moralischen Gedeihen
ist sie eben deshalb förderlich, weil sie beim häuslichen
Herde neben Feldbcschäftigungcn ausgeübt werden kann.
Die Hausfrau kann dabei jegliche Zeit nützlich anwcn-
den, welche nicht von Haushaltgeschäften in Anspruch
genommen ist; je zahlreicher ihre Familie ist, desto mehr
findet sie Hände für den Erwerb; sie lehrt die Töchter
in früher Jugend schon arbeiten, leitet und überwacht
sie, und^ weckt in ihnen frühzeitig schon den Sinn für
Ordüung, Thätigkeit und Reinlichkeit. Diese jungen Ar-
beiterinnen halten sich fern von nachthciligem Zusam-
menleben im väterlichen Haus aus; zufrieden mit ihrem
Schicksale, und von dem einzigen Ehrgeize, einige Er-
sparnisse zu sammeln, begeistert, finden sie Freude am
Familienleben und eignen sich die Gewohnheiten desselben
an. Aus dem doppelten Gesichtspunkte des materiellen
und des moralischen Wohls, welche er in Städten nnd
namentlich auf dem Lande schasst, ist ein solcher Indu-
striezweig der Fürsorge würdig.
Die hohe Bedeutung, welche dieser Industriezweig
in Frankreich erlangt hat, verdankt er der Einwirkung
der Kunst auf die Industrie; französische Künstler ver-
sehen die einheimischen Unternehmer mit neuen Dessins
und die Herrschaft der Mode zwingt die Ausländer,

welche sich mit dieser Fabrikation befassen, die meisten
ihrer Dessins ebenfalls von Frankreich zu beziehen.
(Gewerbebl. a. Wiirttemb.)
Verbot der Durchfuhr nachgemachter fran-
zösischer Waaren durch Frankreich.
,Nachstehendes Erkennkniß des Eorrektionalgerichts für
das Seine-Departement, wonach derjenige straffällig ist,
welcher Waaren durch Frankreich transiren läßt, die er
mit der Etikette eines französischen Fabrikanten versehen
hat, erscheint für Personen, welche Waaren nach über-
seeischen Plätzen senden, von Interesse.
Ein amerikanisches Hans schrieb im November 1853
seinem Commissionär Glänzer in Paris, er möge ihm
bei Brapn und Blöme zu Ronsdorf in Preußen 500
Millionen Zündhütchen mit dem Namen und Zeichen
von Gonpillat in Paris bestellen und znsenden. Glänzer
stellte diesen Auftrag dem Agenten von Braun und
Blöme in Paris, Morin, zu, der ihn an sein Haus
gelangen ließ. Die Zündhütchen wurden nach Vorschrift
gefertigt und abgesendet; in Valenciennes wurden sie
als Durchgangsgut mit der Bestimmung nach den Ver-
einigten Staaten deklarirt und mit Transitschein nach
Havre versehen. Hier angekonimen sollten sie eben, nach
Löschung des Durchfuhrscheins, zu Schiff gebracht werden,
als ihre Beschlagnahme auf Klage von Gonpillant er-
folgte, dem durch ein Schreiben des Handels-
ministers die Nachricht geworden war, daß die
Waare mit seinem Namen und Zeichen beim
Zollamt zu Valenciennes zur Durchfuhr an-
gemeldet worden sei. Der Gerichtshof vernrtheilte
hierauf den Morin zu einer Geldbuße von 500 Fr. und
zur Zahlung von 3000 Fr. Schadensersatz an das Haus
Goupillat, den Glänzer zu 100 Fr. Strafe und ordnete
die Konfiskation der mit Beschlag belegten Waare an,
indem einerseits die Durchfuhr nur eine Art des Um-
laufs (unter Zollverschluß) sei und das Gesetz kurzweg
jedes in Umlaufsetzcn von Waaren, welche die nachge-
machtc Etikette eines französischen Fabrikanten tragen,
ohne Unterscheidung verpöne, andererseits eine betrügliche
Nachahmung im Ausland im Auftrag von Morin und
auf Anregung Glänzers stattgcfunden habe, auch Morin
die Einfuhr der nachgeahmten Waare in Frankreich be-
sorgen ließ, so daß Morin als der eigentliche Urheber
des Vergehens und Glänzer als sein Gehülfe zu be-
trachten sei.
 
Annotationen