Gewerbeblatt
für den
Schwarzwald.
(Erscheint alle 14 Tage einmal. Preis ohne Zustellungsgebühr 36 Kreuzer für den Jahrgang; Sveditionsgebühr der Gresch.
Postanstalten 9 kr., Zustellungsgebühr 20 kr. Bestellungen werden in Furtwangen bei der Ubrenmacherschule oder bei der dorri-
gen Großh. Posterpedltion, auswärts bei allen Postbehördcn und Buchhandlungen entgegengenommen.)
IV. Jahrgattg. Furtwangen, den 23. Februar L835.
Die Verbindung von Kunst und Handwerk
(Rückblick auf die deutsche Industrie-Ausstel-
lung in München.)
(Fortsetzung.)
Will der Grieche ein Gefäß bilden zum Aufnchmen
und Ausgießen von Flüssigkeiten, so wird cs sofort dem-
gemäß gegliedert in den Banch oder Kessel, der als
Hanptthcil auch der Masse nach dominirt, in den Hals,
der für das Ans- und Eingießen nach oben und unten
sich erweitert, nach der Mitte sich verengt, und in den
Fuß zum Aufstellen, der ähnlich wie der Hals sich vom
Bauch aus zusammenzieht und nach dem Boden hin wie-
der ausdebut, um auf größerer Fläche sicher zu ruhen.
Hier wird sofort eine elastisch schwungvolle, frei symme-
trische Linie gewonnen, die für sich schon dem Auge
wohl thut; dann aber werden die einzelnen Th eile noch
durch Heftbänder, gleich Perlenschnüren aneinander ge-
knüpft, und der nach unten hin wirkende Druck am Fuß
ebenso durch den Schmuck herabfallender Blätter ange-
zeigt, wie ein aufwärts strebender Blätterkranz vom Fuß
aus den Kessel umgibt und ihn, gleich der vollen Blume,
in den Knospenblättern ruhen läßt. Sind noch Henkel
erwünscht, so setzen sie sich handlich an, oder die Wein-
ranke, welche oben unter dem Bord die Trinkvase, um-
schlingt, erweitert sich an zwei gegenüberstehendcn Sei-
ten zum Eingreifen. Den Deckel bildet eine umgestülpte
Schale, die als ein Blattstern oder eine Blattrose, deren
Blätter unter dem Knopf der Mitte entspringen, orna-
mentirt und als ein über dem Znnenranm freischweben-
des bezeichnet wird. In seinem cpochenmachendcn Werke
über die Tektonik der Hellenen hat Bötticher solches im
Zusammenhang mit der Tempelarchitektur bis in's Ein-
zelnste entwickelt. Was eignet sich besser um die Stütze
eines beweglichen Kandelabers oder Tisches zu bezeichnen,
als der Thierfuß, aus dem in freiem Arabeskenspiel und
im Wechsel mit Pflanzenformcn nach oben hin unter der
Platte eines Trinktisches oder unter der Lehne eines
Sessels, dann der dyonysische Panther- oder der Grei-
fen- nnd Löwenkopf sich erhebt? Ich sah eine pompeja-
nische Wage, deren Gewicht nicht bloß ein feingegossenes
Hanpt des Mcrknr war, deren Schale auch ans ausge-
breitetcn Vogelschwingen ruht, die sie an drei Stellen
emporzuhaltcn und zu tragen schienen, während an den
zwischen ihren sich schön gekrümmt hervorbiegenden Vo-
gclhälsen die Haltkettchen befestigt waren. Neber alte
und neue Waffen bemerkt Vischer in seiner Aefthetik:
„Am Sturmbvck kann der barte, spröde, dumpfe Stoß
nicht besser charakteristrt sein, als durch den Widderkopf.
Der Hahn am Schloß des Schießgewehrs schnappt vor,
schlägt auf, entzündet das Feuer: das Schnappen mag
durch eine Fischform symbolisirt werden, oder mehr als
pickender Stoß aufgefaßt durch das Bild des Raubvogels,
dagegen bezeichnet der Drache zugleich den Entzündungs-
prozeß, so belebt sich die Waffe, und es liegt in dem
treffenden Spiel des Schmucks dieselbe Poesie, wie in
Beilegung persönlicher Namen, wodurch bei den alten
Völkern jede Waffe zu einem persönlichen Wesen wurde,
wodurch das Schiff, die Glocke noch heute beseelt dar-
gestellt wird."
Auf der Ausstellung sahen wir besonders geschmack-
voll und sauber gearbeitete Gewehre und Pistolen von
Maschek in Wien und Dosch in Gratz, während die
Hieb - und Stoßwaffen von Fortner in München ebenso
gediegen in ihren Grundformen als reich und bezeichnend
in ihren Ornamenten erschienen. Aber gerade was das
Geräthe für den täglichen Gebrauch betrifft, wie Schüs-
seln und Teller, Taffen und Kannen, so ist hier ein
für den
Schwarzwald.
(Erscheint alle 14 Tage einmal. Preis ohne Zustellungsgebühr 36 Kreuzer für den Jahrgang; Sveditionsgebühr der Gresch.
Postanstalten 9 kr., Zustellungsgebühr 20 kr. Bestellungen werden in Furtwangen bei der Ubrenmacherschule oder bei der dorri-
gen Großh. Posterpedltion, auswärts bei allen Postbehördcn und Buchhandlungen entgegengenommen.)
IV. Jahrgattg. Furtwangen, den 23. Februar L835.
Die Verbindung von Kunst und Handwerk
(Rückblick auf die deutsche Industrie-Ausstel-
lung in München.)
(Fortsetzung.)
Will der Grieche ein Gefäß bilden zum Aufnchmen
und Ausgießen von Flüssigkeiten, so wird cs sofort dem-
gemäß gegliedert in den Banch oder Kessel, der als
Hanptthcil auch der Masse nach dominirt, in den Hals,
der für das Ans- und Eingießen nach oben und unten
sich erweitert, nach der Mitte sich verengt, und in den
Fuß zum Aufstellen, der ähnlich wie der Hals sich vom
Bauch aus zusammenzieht und nach dem Boden hin wie-
der ausdebut, um auf größerer Fläche sicher zu ruhen.
Hier wird sofort eine elastisch schwungvolle, frei symme-
trische Linie gewonnen, die für sich schon dem Auge
wohl thut; dann aber werden die einzelnen Th eile noch
durch Heftbänder, gleich Perlenschnüren aneinander ge-
knüpft, und der nach unten hin wirkende Druck am Fuß
ebenso durch den Schmuck herabfallender Blätter ange-
zeigt, wie ein aufwärts strebender Blätterkranz vom Fuß
aus den Kessel umgibt und ihn, gleich der vollen Blume,
in den Knospenblättern ruhen läßt. Sind noch Henkel
erwünscht, so setzen sie sich handlich an, oder die Wein-
ranke, welche oben unter dem Bord die Trinkvase, um-
schlingt, erweitert sich an zwei gegenüberstehendcn Sei-
ten zum Eingreifen. Den Deckel bildet eine umgestülpte
Schale, die als ein Blattstern oder eine Blattrose, deren
Blätter unter dem Knopf der Mitte entspringen, orna-
mentirt und als ein über dem Znnenranm freischweben-
des bezeichnet wird. In seinem cpochenmachendcn Werke
über die Tektonik der Hellenen hat Bötticher solches im
Zusammenhang mit der Tempelarchitektur bis in's Ein-
zelnste entwickelt. Was eignet sich besser um die Stütze
eines beweglichen Kandelabers oder Tisches zu bezeichnen,
als der Thierfuß, aus dem in freiem Arabeskenspiel und
im Wechsel mit Pflanzenformcn nach oben hin unter der
Platte eines Trinktisches oder unter der Lehne eines
Sessels, dann der dyonysische Panther- oder der Grei-
fen- nnd Löwenkopf sich erhebt? Ich sah eine pompeja-
nische Wage, deren Gewicht nicht bloß ein feingegossenes
Hanpt des Mcrknr war, deren Schale auch ans ausge-
breitetcn Vogelschwingen ruht, die sie an drei Stellen
emporzuhaltcn und zu tragen schienen, während an den
zwischen ihren sich schön gekrümmt hervorbiegenden Vo-
gclhälsen die Haltkettchen befestigt waren. Neber alte
und neue Waffen bemerkt Vischer in seiner Aefthetik:
„Am Sturmbvck kann der barte, spröde, dumpfe Stoß
nicht besser charakteristrt sein, als durch den Widderkopf.
Der Hahn am Schloß des Schießgewehrs schnappt vor,
schlägt auf, entzündet das Feuer: das Schnappen mag
durch eine Fischform symbolisirt werden, oder mehr als
pickender Stoß aufgefaßt durch das Bild des Raubvogels,
dagegen bezeichnet der Drache zugleich den Entzündungs-
prozeß, so belebt sich die Waffe, und es liegt in dem
treffenden Spiel des Schmucks dieselbe Poesie, wie in
Beilegung persönlicher Namen, wodurch bei den alten
Völkern jede Waffe zu einem persönlichen Wesen wurde,
wodurch das Schiff, die Glocke noch heute beseelt dar-
gestellt wird."
Auf der Ausstellung sahen wir besonders geschmack-
voll und sauber gearbeitete Gewehre und Pistolen von
Maschek in Wien und Dosch in Gratz, während die
Hieb - und Stoßwaffen von Fortner in München ebenso
gediegen in ihren Grundformen als reich und bezeichnend
in ihren Ornamenten erschienen. Aber gerade was das
Geräthe für den täglichen Gebrauch betrifft, wie Schüs-
seln und Teller, Taffen und Kannen, so ist hier ein