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zweig sowohl in seinem Ursprung als in seinen nachfol-
genden Verbesserungen dem Auslande verpflichtet sind.
Ein noch nicht erwähnter Hebel für Entfaltung der
Industrie, gleichviel, ob dieselbe heimischen oder fremd-
ländischen Ursprungs sei, liegt endlich auch in den be-
sonder» Begünstigungen, welche weise Regierungen durch
Unterrichtsanstaltcn, Berufung fremder Lehrmeister,
Unterstützung strebsamer Gewerbtreibcnder, Schutzzölle,
Prämien und andere geeignete Maßregeln besonderen
Gewerben gewidmet haben. Der Flor mancher französi-
scher Gewerbe datirt von den Zeiten Colberts, welcher
Alles aufbot, die Industrie seines Landes zu heben.
Gleicherweise hat die österreichische, namentlich die Wie-
ner Industrie, einen hauptsächlichen Theil ihrer jetzigen
Bedeutsamkeit den Bemühungen Joseph II. zu verdanken,
und auch aus unserer bayerischen Jndustriegcschichte kön-
nen wir namentlich ans neuester Zeit manches Beispiel
aufführen, wo durch weise Maßnahmen die weitere Ent-
faltung einzelner Gcwcrbszwcige eingeleitet worden ist.
Wir haben diese gedrängte Andeutung des Ursprungs
und der begünstigenden Umstände besonders blühend ent-
wickelter Industriezweige zu dem Zwecke gegeben, um
für die Bedingungen, unter welchen sich eine Indu-
strie entfalten kann, einige Fingerzeige zu gewinnen.
Sic ergeben sich leicht. Wir bemerken:
1) wenn irgend eine Gegend bei mäßiger Bevölkerung
auch zunächst vorzugsweise auf die Bodenkultur
"angewiesen ist, so muß der zweckmäßigen Ausbil-
dung der Lokalgcwerbc dennoch stete Aufmerksamkeit
gewidmet werden, da in ihnen der Keim einstiger
Erhaltung liegt, wenn die wachsende Bevölkerung
neue Erwerbsquellen nöthig macht; denn die In-
dustrie gleicht einem Baume, der anfänglich auch
nur ein schwaches Reis ist und erst nach langen
Jahren Schatten und Frucht gibt. Will man den
Baum haben, so muß man das Rcislein pflegen,
wenn es auch lange unscheinbar und ohne großen
Nutzen ist.
2) Bei dieser Vorsorge für weitere Vervollkommnung
der Lokalgcwerbc steht die Rücksicht auf Veredlung
der heimischen Bodcnprodukte in erster Reihe.
3) Die Vortheile, welche Lage und Boden bieten,
müssen für jede Bestrebung, einen Industriezweig
zu gründen, maßgebend sein. Wo Holz und Stein-
kohlen theuer und schwer zu haben sind, da ist

kein günstiger Fleck für Dampfanwendung, wo
Taglohn theüer ist, kann keine Fabrik gut bestehen.
4) Wo nicht in der Bodenproduktion eine besondere
Veranlassung zur bevorzugten Hebung specieller
Gewerbe liegt, da iii die Entwickelung solcher,
welche viele Hände beschäftigen, leicht zuführbare
Rohstoffe und Halbfabrikate verarbeiten und dauernd
gangbare Handelsartikel liefern, anzubahnen.
5) Obgleich auch entlegene Orte jetzt in leichter Ver-
bindung mit den Haupthandelswegen sieben, so
liegt doch in der unmittelbaren Nähe letzterer ein
unschätzbarer Vorzug.
6) Neuen Erfindungen und Verbesserungen auf dem
Gebiete der Industrie muß man bereitwillig Thüre
und Thor öffnen und nicht starrköpfig am Alten
hängen bleiben.
7) Eine tüchtige Entwickelung der Industrie verlangt
gleichzeitig auch das Vorhandensein eines gewand-
ten , rührigen Kaufmannsstandes. Wo dieser fehlt,
wird sich nie etwas Erkleckliches gestalten. Muß
der kleine Gewcrbtreibendc selbst den Absatz seiner
Waarc auf dem Handclswege besorgen, der bei
ihm gewöhnlich sich nur als Hausiren gestaltet, so
verliert er Zeit und Mühe und bringt es zu nichts.
Es gibt ganze Gegenden, die einen Beweis hiefür
liefern. Ucberdies wissen auch gar viele Gcwerb-
trcibende nicht, wohin ein oder der andere Artikel
abzusctzen wäre. Der Kaufmann aber, dessen Be-
ruf cs ist, Absatzwege zu finden und Verbindun-
gen anzuknüpfen, kennt die Orte, wohin er mit
Vortheil senden kann, und ihm stehen Mittel und
Wege aller Art offen, zur Hebung und Entfaltung
der Gewerbe bcizutragen.
8) Der Fremde, welcher in irgend einem Gewerbs-
zweige bessere Kenntnis und Fertigkeit besitzt, als
wir, soll freundlich als Lehrmeister willkommen
sein, und kommt er nicht zu uns, so wollen wir
zu ihm gehen, damit wir lernen und mit unseren
Concurrenten wenigstens auf gleicher Stufe bleiben.
9) Den wohlthätigen Absichten der Staatsregicrungen
für Entwickelung der Industrie muß bereitwillige
Anerkennung, emsiges Entgegenkommen, und —
insofcrne sich dieselben als Einrichtungen gestalten,
fleißige Benützung zu Theil werden.
Liegt in Vorstehendem auch nicht gerade Neues, so
 
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