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Glaser, Curt; Cohn, William [Hrsg.]
Die Kunst des Ostens (Band 11): Ostasiatische Plastik — Berlin: Bruno Cassirer Verlag, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.53084#0055
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DIE BUDDHISTISCHE PLASTIK DER FRÜHEN T’ANG-ZEIT 47
Das Gewand der T’angzeit ist, befreit von der altertümlich massigen
Schwere brettharter Faltengeschiebe, nicht mehr selbst gleichsam eigentlicher
Träger der Form, hinter dem der Körper verseh windet, es läßt diesen viel-
mehr, gern schleierhaft dünn gebildet, überall klar durchscheinen (67 69,
73—75), indem hängende Bogenfalten nur noch als feine Grate plastisch sich
von der Unterlage abheben, indem die einstmals festgebügelten Treppenstufen
sich in freie Röhren öffnen, so daß nicht das Kleid selbständig vor dem Körper
zu stehen scheint, sondern ihn allseits umfängt, als eine feine Schale, die überall
eng die Glieder umschmiegt. Ebenso in ihrem Ursprung indischer Herkunft wie
in ihrem Wesen aus dem gesteigerten Schmuckbedürfnis der überkultivierten
Epoche der T’ang verständlich sind die Gehänge fein ziselierter Geschmeide,
mit denen die Bildner Kopf und Brust und Arme der Bodhisattvagestalten
zu zieren liebten (67—68). Und diesen Edelsteinketten und Armspangen und
Juwelengehängen gleich wird das Gewand selbst nun zu einem Schmuck des
Körpers, indem seine Linien zu einem anmutigen Ornament sich verschlingen,
dessen Hauptträger die lose hängenden Bänder werden, die früher in breitem
Bogen vor den Knien einander überkreuzend, nun frei imWinde flatternd und
sich gelegentlich um sich selbst drehend, in beweglichen Kurven den schwin-
genden Umriß der in der Hüfte ausgebogenen Gestalten begleiten.
Neben die Bildwerke der Felsengrotten, die solche Schönheiten nur mehr
ahnen lassen, wenn auch unter ihnen gelegenlich eine zierlichere Gestalt auf-
taucht, wie der Bodhisattva der im Jahre 705 vollendeten Höhle von Hsiang-
shan (67), treten marmorne Kultstatuen (68), die in nicht geringer Zahl im
V erlauf der letzten Jahrzehnte sichtbar geworden, die Hoffnung auf neue Funde
m dem weiten und noch wenig durchforschten chinesischen Reiche wachhalten.
Einzelne Köpfe von edlerer Bildung (70—72), die sie weit abhebt von der
Massenware der Höhlenskulpturen, verraten die Hand bedeutender Meister,
deren Spur nahezu vollkommen verweht ist. Habgier, die vor keiner Zer-
störung zurückschreckt, förderte Buddhaköpfe, die von Sammlern begehrt
werden, in großer Zahl zutage, während im ganzen erhaltene Figuren, die dem
Vergleich mit den besten unter ihnen standhalten, noch zu den Seltenheiten
gehören. Aber man kennt doch Statuen schon, wie den Bodhisattvatorso in
Boston, wie die zwei Bodhisattvas in Philadelphia (68), die nicht mit Unrecht
hohen Ruf genießen, Statuen, die von der großen Kunst der T angzeit in
China nicht unwürdiges Zeugnis ablegen.
 
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