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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0157
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Gobelins

vierte und fünfte Wiederholung — Hautelisse, ohne Verwendung von Metallfäden —
die zweite Fassung verwerten. Die vierte Serie entsteht (1733—1742) in den Ateliers
von Lefebvre und Monmerquö, sie ist bis auf den drittletzten und den letzten Behang
noch auf Schloß Compiegne vorhanden; die Höhe hält einen Durchschnitt von 4,20 m.
Die fünfte Reihe führt Monmcrque, der nach dem Tode Lefebvres (1736) bereits^ in
starkem Maße an der vorangegangenen Kopie beteiligt war, in den Jahren von 1736
bis 1742 allein durch. Abgesehen von dem verloren gegangenen zweiten Teppich
verteilen sich heute die Behänge auf das Palais de l'Elysee und den Gardc-Meuble.

In die Revolutionszeit (1790—1794) fällt die sechste und letzte Wiederholung von
Cozette d. Ä. und Audran — als Bordüre war eine ganz schlichte Rahmenfassung vor-
gesehen. Zwei von den vier Behängen werden unter dem 16 frimaire des Jahres IX
dem Minister des Äußeren zur Verfügung gestellt — Tanz der Schäferinnen, Amor
und Psyche im Bad —, die eine „Tanzmusik" findet sich noch im Garde-Meuble, die
zweite „Tanzmusik" blieb unvollendet.

Die reizvolle Serie ist mehrfach im Privatbesitz vertreten. An erster Reihe stehen
die vier golddurchwirkten Hautelissebehänge der Pariser Sammlung Michel Ephrussi
(die beiden ersten Teppiche der Folge, Bad, Tanz der Schäfer und Schäferinnen).
Die Bordüre zeigt die Rahmung der „Triumphe der Götter" — gelbe Akanthus-
gewinde auf blauem Grunde, inmitten der oberen Fassung das Wappen Frankreichs -;
die Serie stammt aus der in Paris am 2g. April 1885 versteigerten Kollektion der
Mme Lucie Dekerm. Bordürenlose Wiederholungen (Bad, Tanz) zählen zu dem Be-
stände der Sammlung des Herzogs von Alba.

4. Episoden aus der Antike nach Raffael.

Als Gegenstück zu den Romano'schen mythologischen Darstellungen entstehen in der
gleichen Zeit die „Sujets de la Fable" nach Raffael, als Vorlagen dienen wiederum
die Kopien der französischen Akademie zu Rom.

Die Serie beginnt mit dem Parisurteil. Die „Entführung der Helena" reiht sich an; etwasun-
logisch folgt die Vermählung Alexanders mit Roxane (Abb. 107) nach dem Fresko des Sodoma
in der Farnesina. Amor undPsyche ruhen im vierten Behänge auf üppigem Lager. Hymen mit
lodernder Fackel naht, von blumentragenden Putten umschwärmt; auf bergiger Höhe rüsten
Faune das Opfer vor der Statue Pans. Der Gott der hochzeitlichen Freuden ist un-
geflügelt; er tritt im fünften Motive in verjüngter Gestalt mit den ihm zustehenden
Attributen (Flügel und Fackel) zu der im Baumesschatten sitzenden Gruppe: Venus,
Adonis, hinter ihnen Pan. Der Venusmythus wird im sechsten Teppich weiter-
gesponnen, in den Lüften schwebt der Wagen der Liebesgöttin, die Herrin hält Amor
auf dem Schöße, rosenstreuende Putten treiben in den Wolken ihr Spiel; im Vorder-
grunde lagern am Waldesquell Neptun und Amphitrite. Die beiden letzten Tep-
piche der Serie schildern heiter-anmutige Tanzszenen. Im siebenten Behänge dreht
sich die Nymphe zum Flötenspiele Satyrs vor einem vasenlragenden Postamente im
Kreise; Amoretten mit Tamburin und Blumenkörben umgaukeln den Altar der Liebes-
göttin. Der letzte Behang bringt eine Huldigung vor der Statue Pans (Abb. 108). Als
Bordüre dient eine der Rahmung der vorigen Reihe sehr ähnliche Lösung, die wiederum
den Lothringer Jean Le Moyne — die Figuren stammen von Claude Guy Halle und
Bon Boulogne — zum Entwerfer hat. Eine zweite Rahmung wird in den offiziellen
Serien der Gobelins nicht verwandt. Die Reihe ist nur dreimal, unter Verwendung
von Metallfäden, mit je acht Behängen in hochlitziger Technik wiederholt worden.
Die erste Kopie (1686—1692), aus den Ateliers der Jans und Lefebvre, die auch die
beiden letzten Serien wirkten, hat sich mit nur zwei Behängen (Alexander und Roxane;
Hymen, Amor und Psyche in zwei Teile zerschnitten) erhalten; der Rest ging in der
Revolutionszeit verloren.

Die zweite Wiederholung (1690—1703) erfuhr ein glimpflicheres Schicksal. Gegen-
wärtig sind noch sechs Behänge im französischen Staatsbesitze vorhanden, die beiden

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