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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Editor]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0465
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Genua

II. Genua.

Wir finden in den Statuti dell'arte serica vom 6. März 1432 in der Universitäts-
bibliothek zu Genua (1) folgenden Passus: «Ut tollatur occasio scandalorum et fraudum
que committi possunt, nemo audeat vel presumat uti operibus seu figuris pannorum
sirici alienius videlicet si aliquis de dicta arte fecerit fieri sive designare aliquam operam
seu figuram, non possit alius quisque talem figuram seu operam facere laborari sub
pena arbitrio consulum imponenda contrafacienti. Item non audeat vel presumat ali-
quis pictor pingere aliquam operam seu figuram pro altero quam semel pinxisset pro
aliquo sub pena floreni unius pro qualibet vice."

1497 geht aus dem Schriftwechsel des Protonotars Stanga und des Mailänder Her-
zogs Lodovico il Moro mit Sicherheit hervor, daß zu dieser Zeitspanne geschickte
Wirker in Genua ihre Werkstätten aufgeschlagen haben.

Die Manufaktur Genua steht unter einem seltsamen Unstern. „Alberto de Bruxelles"
(Albert aus Brüssel) läßt sich 1551, gemeinsam mit Vincenzo della Valle, dem Sohne
des Michel della Valle — vielleicht ein Mitglied der Brüssel-Antwerpener Wirkerfamilie
van den Daele ■— und zwei nicht näher benannten Meistern, in Genua nieder; auch
von einem gewissen Pietro da Brusselle ist vorübergehend die Rede. Der Doge Otta-
viano Grimaldi verleiht den Wirkern ein zehnjähriges Privileg; die Einzelheiten be-
wegen sich in dem sattsam bekannten Rahmen, Ausbildung der Lehrlinge usw. (2).
Entweder schlägt das Unternehmen nicht ein, oder die Meister machen überhaupt
keinen Gebrauch von den an und für sich nicht ungünstigen Zusicherungen; mög-
licherweise verleideten ihnen auch die schwülen politischen Verhältnisse die Nieder-
lassung in der unruhigen Stadt. Bereits 1553 ist von der Wirkergesellschaft nicht mehr
die Rede; Dionisio di Martino (Dionys Martensz) da ßruxelles erscheint auf der Bild-
fläche, er bittet und erhält die gleichen Vergünstigungen (16. Januar 1553) wie seine
Vorgänger (3). Eine geräumige Werkstatt bei der Porta dell' Acquasola wird ihm
zugewiesen und die übliche Steuerfreiheit gemäß der Satzungen des zehnjährigen
Privilegs gewährt; als Gegenleistung hat der Meister die Ausbildung dreier junger
Genuesen zu übernehmen. Dionys macht sich eifrig an die Arbeit, an kleineren Auf-
trägen scheint es in den ersten Jahren dem jungen Unternehmen nicht gefehlt zu
haben. Der Ankauf geht mitunter in etwas seltsamen Formen vonstatten. Vincenzo
Grimaldi Durazzo kauft von dem Wirker eine aus zehn Behängen zusammengestellte
Groteskenfolge «tapesariae ala grotescha cum figuris'1 zu dem Einheitspreise (Ant-
werpener Quadratelle) von drei Lire. Die Serie soll öffentlich versteigert werden,
bleibt das Höchstgebot unter dem erwähnten Ansätze, so übernimmt sie Vincenzo
Grimaldi zu dem vereinbarten Preise, bei einem Gebot über den Satz von drei Lire
teilen sich die Vertragschließenden in den überschießenden Gewinn (4). 1560 arbeitet
Dionys für den genuesischen Nobile Giambattista Lomellino drei nicht näher benannte
Behänge nach den Kartons des Lazzaro Calvi; der Satz für die flämische Quadratelle
stellt sich auf sechs Lire. Lazzaro, zumeist in Gemeinschaft mit seinem Bruder Pan-
taleone tätig, zählt zu den gesuchtesten Freskenmalcrn der Stadt. Sowohl der Preis
als auch die Malweise des Calvi lassen auf Groteskenwerk schließen, in Verbrämung
mit den von dem Künstler mit Vorliebe angewandten Putten und mythologischen
Figuren. Ein Teppich mit Grotesken aus dem Palazzo Doria befindet sich heute im
Palazzo Bianco. 1563 liefert Dionys an Antonio Doria zwei nicht näher benannte
Wirkereien, seit 1564 schweigen die amtlichen Belege über die Tätigkeit des
Wirkers.

Neue Meister tauchen zwischen 1578 und 1581 auf: Pietro Vandergust, Christiano
de Vois und Francesco Lendrich aus Antwerpen. Giovanni Andrea Doria, der Sohn
des 1547 ermordeten Rebellen Giannettino Doria und Adoptivsohn des machtvollen

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