Deutschlands KunItschatze. 7
neben einem Cavalier und betrachtete die Grau in Grau gemalte Skizze eines großen Bildes.
Das Bild war eigenthümlich genug. Ein alter Mann, ascetisch abgezehrt gleich einem Hieronymus
in der Wüste, stand neben einem jungen Mädchen von strahlender Schönheit. Beide kämpften
durch die Macht ihrer segnend vorgestreckten Hände gegen eine Schaar von phantastischen, wie An-
gehörige der Hölle anzuschauende Gestalten, die in der Lust schwebten und vergebens den Felsen zu
stürmen suchten, wo die beiden segnenden Figuren standen.
Der Cavalier betrachtete das Bild mit augenscheinlicher Gleichgiltigkeit. Dies war ein
junger, schlanker Mann mit braunem, kurz geschnittenem Haar, im Elennskoller und mit gelben
weit gestülpten Reiterstiefeln und goldenen Sporen. Er trug die schwarz-gelbe kaiserliche Feldbiude
und einen Schlachtpallasch. Wie schön auch der Wuchs des Cavaliers sein mochte, sein Gesicht
machte keinen Vertrauen erweckenden Eindruck. Unter einer mächtgen Stirn und starken Augen-
brauen funkelten stolze, auf Jähzorn und Sinnlichkeit deutende unruhige und bohrende Augen. Die
Nase war aufgestülpt; der Muud mit den Hellrothen, dicken Lippen besaß einen sarkastischen Zug.
„Wohl, Meister Spagnoletto", sagte der Ritter, leicht mit der zarten Hand auf das Gemälde
hindeutend, „das wäre also der heilige Januarius und die heilige Rosalia, welche die Dämonen der
Pest beschwören und in die Tiefe hinabwerfen ... Am besten ist der verhungerte, ganz zerdachte
Januarius gerathen und nach meiner Meinung sind auch die Pestgeister gräulich genug gerathen.
In ihrem Angriffe liegt Energie ... Es würde bessere Wirkung machen, wenn die Angreifer sich
nicht blos aus ihre Fäuste und Krallen verließen, sondern wie Furien den beiden Heiligen bren-
nende Fackeln um die Köpfe zu schlagen drohten ... Doch das entscheidet hier nichts ... Ich habe
es mit der heiligen Rosalia zu thun und da eröffne ich Euch, Don Jose, daß sie mir ganz und gar
ungenügend erscheint."
Meister Ribera war dafür bekannt, daß er bei weitem mildere Kritiken seiner Gemälde mit
einem Degenstöße beantwortet Hatte. Diesmal aber nahm er die bitteren Worte und den halb
höhnischen Ton derselben mit einer tiefen Verbeugung an und antwortete:
„Wenn Ihr nur andeuten wollt, durchlauchtigster Fürst, was Ihr an meiner Rosalia ver-
mißt, so werde ich sicher im Stande sein, Euch zufrieden zu stellen . . ."
„Was ich vermisse? Ihr wollt, ich soll Einzelheiten angeben, die verbessert werden können ..."
„So ist's, gnädigster Prinz Statthalter!"
„Ihr habt da eine sonderbare Idee von Frauenschönheit .. .", fuhr der Cavalier einige Male
wie im Lachen fort. „Bei Euren Anachoreteu und Märtyrern seid Ihr, was die Frauenbildnisse
betrifft, ganz aus dem richtigen Geleise gekommen."
„Mein Fürst, Sie lehren und ich bin begierig, zu lernen", sagte Ribera, indeß dunkle Gluth
aus seinen lederfarbeneu Wangen aufstieg.
„Die Sache ist einfach genug!" sagte der Prmz. „Es ist eben die Eigenschaft der Schönheit,
daß sie stets als ein Ganzes und Untheilbares erscheint... Ich parire, daß jener griechische
Maler, welcher die Reize von fünf schönen Weibern zusammenflickte, ein sehr schlechtes Bild
machte! So meine ich denn, daß Ihr Eure Rosalia nicht mit Einzelheilen aufputzen sollt, sondern
daß Ihr die hier wegwerfl, um eine ganz neue Figur zu malen. Spiegelt Euch Eure Phantasie
nicht ein sanftes, holdseliges Wesen vor, das allein schon durch ihr Erscheinen selbst einem Todt-
kranken Trost einstößen, wie vielmehr aber die Gesunden beglücken kann, so begebt Euch auf die
neben einem Cavalier und betrachtete die Grau in Grau gemalte Skizze eines großen Bildes.
Das Bild war eigenthümlich genug. Ein alter Mann, ascetisch abgezehrt gleich einem Hieronymus
in der Wüste, stand neben einem jungen Mädchen von strahlender Schönheit. Beide kämpften
durch die Macht ihrer segnend vorgestreckten Hände gegen eine Schaar von phantastischen, wie An-
gehörige der Hölle anzuschauende Gestalten, die in der Lust schwebten und vergebens den Felsen zu
stürmen suchten, wo die beiden segnenden Figuren standen.
Der Cavalier betrachtete das Bild mit augenscheinlicher Gleichgiltigkeit. Dies war ein
junger, schlanker Mann mit braunem, kurz geschnittenem Haar, im Elennskoller und mit gelben
weit gestülpten Reiterstiefeln und goldenen Sporen. Er trug die schwarz-gelbe kaiserliche Feldbiude
und einen Schlachtpallasch. Wie schön auch der Wuchs des Cavaliers sein mochte, sein Gesicht
machte keinen Vertrauen erweckenden Eindruck. Unter einer mächtgen Stirn und starken Augen-
brauen funkelten stolze, auf Jähzorn und Sinnlichkeit deutende unruhige und bohrende Augen. Die
Nase war aufgestülpt; der Muud mit den Hellrothen, dicken Lippen besaß einen sarkastischen Zug.
„Wohl, Meister Spagnoletto", sagte der Ritter, leicht mit der zarten Hand auf das Gemälde
hindeutend, „das wäre also der heilige Januarius und die heilige Rosalia, welche die Dämonen der
Pest beschwören und in die Tiefe hinabwerfen ... Am besten ist der verhungerte, ganz zerdachte
Januarius gerathen und nach meiner Meinung sind auch die Pestgeister gräulich genug gerathen.
In ihrem Angriffe liegt Energie ... Es würde bessere Wirkung machen, wenn die Angreifer sich
nicht blos aus ihre Fäuste und Krallen verließen, sondern wie Furien den beiden Heiligen bren-
nende Fackeln um die Köpfe zu schlagen drohten ... Doch das entscheidet hier nichts ... Ich habe
es mit der heiligen Rosalia zu thun und da eröffne ich Euch, Don Jose, daß sie mir ganz und gar
ungenügend erscheint."
Meister Ribera war dafür bekannt, daß er bei weitem mildere Kritiken seiner Gemälde mit
einem Degenstöße beantwortet Hatte. Diesmal aber nahm er die bitteren Worte und den halb
höhnischen Ton derselben mit einer tiefen Verbeugung an und antwortete:
„Wenn Ihr nur andeuten wollt, durchlauchtigster Fürst, was Ihr an meiner Rosalia ver-
mißt, so werde ich sicher im Stande sein, Euch zufrieden zu stellen . . ."
„Was ich vermisse? Ihr wollt, ich soll Einzelheiten angeben, die verbessert werden können ..."
„So ist's, gnädigster Prinz Statthalter!"
„Ihr habt da eine sonderbare Idee von Frauenschönheit .. .", fuhr der Cavalier einige Male
wie im Lachen fort. „Bei Euren Anachoreteu und Märtyrern seid Ihr, was die Frauenbildnisse
betrifft, ganz aus dem richtigen Geleise gekommen."
„Mein Fürst, Sie lehren und ich bin begierig, zu lernen", sagte Ribera, indeß dunkle Gluth
aus seinen lederfarbeneu Wangen aufstieg.
„Die Sache ist einfach genug!" sagte der Prmz. „Es ist eben die Eigenschaft der Schönheit,
daß sie stets als ein Ganzes und Untheilbares erscheint... Ich parire, daß jener griechische
Maler, welcher die Reize von fünf schönen Weibern zusammenflickte, ein sehr schlechtes Bild
machte! So meine ich denn, daß Ihr Eure Rosalia nicht mit Einzelheilen aufputzen sollt, sondern
daß Ihr die hier wegwerfl, um eine ganz neue Figur zu malen. Spiegelt Euch Eure Phantasie
nicht ein sanftes, holdseliges Wesen vor, das allein schon durch ihr Erscheinen selbst einem Todt-
kranken Trost einstößen, wie vielmehr aber die Gesunden beglücken kann, so begebt Euch auf die