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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0072
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42 Deutschlandg Kirnstschätze.
zu werden verdient", antwortete St. Paul sehr ernst... „Ich glaube, der unverschämte Polizei-
- meister hätte mich in die Bastille bringen lassen, wenn ich nicht im Stande gewesen wäre, mich
darauf zu berufen, daß ich die ganze vorige Nacht hindurch im Hotel Ligne war und mit dem
Prinzen Heinrich, mit Roquelaure und Montpensier L'Hombre gespielt habe."
„Aber was war's mit dem Fürsten Colonna?" fragte Maria. „Was kann er denn mit dem
Bilde zu thun Haben?"
„Ich weiß nichts, gnädige Dame", sagte St. Paul achselzuckend.
„Ihr findet es nothwendig, zu schweigen, Herr Graf", bemerkte Maria, „und ich danke Euch
für Eure Zartheit. So will ich's denn aussprechen, daß der Prinz Colonna gewiß der Letzte wäre,
um Jemand deshalb strafbar zu machen, oder gar zur Verantwortung zu ziehen, weil derselbe sich
eines Bildnisses von mir bemächtigt hätte. Den einzigen Fall nehme ich aus, wenn das Bildniß
mit Juwelen von tadelloser Schönheit besetzt wäre — denn der Prinz ist ein großer Kenner von
Edelsteinen . . .", fügte die Dame mit gekräufelter Oberlippe hinzu. „Es ist endlich gar kein Ge-
danke daran, daß Prinz Colonna so weit seine Phantasie angestrengt haben sollte, um aus irgend
welchem Grunde das Bildniß rauben zu lassen... Ich stehe hier vor einem undurchdringlichen
Geheimniß und sehe nur klar das Harte Loos eines Unglücklichen!"
Sie erhob sich halb vom Sessel und verbeugte sich.
,,Hoheit, Ihr werdet uns rathlos und trostlos, wie wir sind, nicht ohne einen Schimmer von
Hoffnung entlassen. Damit der König das Bildniß trotz des geheimnißvollen Zwischenfalles erhalte,
müßt Ihr Euch, meine Dame, entschließen, die Sitzungen für Meister Mignard großmüthig von
vorn anzufangen. Wenn der König das Bild erblickt, wird er vielleicht geneigt werden, den armen
Gherardesca frei zu lassen!"
„Ich bin gern bereit, Euren Wunsch zu erfüllen; sendet mir den Maler, dem Ihr aber tiefste
Verschwiegenheit einschärfen müßt. . ."
Die Herren beurlaubten sich.
Draußen auf der Flur erschien die alte Italienerin, berührte den Arm St. Paul's und winkte
ihm zurückzukehren.
Maria Mancini ging mit raschen Schritten im Zimmer hin und her, indeß der Graf ehr-
erbietig Harrte, daß sie ihn anrede.
„St. Paul", sagte Maria, sich zu ihm wendend und ihm fest in's Auge blickend, „ich denke,
wir sind von alter Zeit her Freunde; sonst könntet Ihr mir, wenn ich aufrichtig gegen Euch wäre,
eine schlimme Situation bereiten."
„Madame, ich habe nur mein Herz und meine Ehre, die für mich bürgen müssen . .. Indeß
sei es fern von mir, in Eure Geheimnisse eindringen zu wollen . . ."
„O, aber für mich ist es eine Nothwendigkeit, den Schleier von den Geheimnissen anderer
Leute zu reißen!" ries Maria mit aller Heftigkeit einer Italienerin. „Soeben, wie Ihr das Zimmer
verließet, durchfuhr mich wie ein Blitzlicht der Gedanke, welcher mir diese ganze boshafte Jntrigue,
der Euer Dichter zum Opfer fiel, enthüllte .."
„Ich bin begierig!" sagte der Graf.
„Weshalb soll ich Euch etwas zu verbergen suchen", fuhr Maria fort, „was Ihr sicherlich
längst durchschaut habt... Ich habe den König nie geliebt, und so mußten Diejenigen siegen,
 
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