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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Bearb.]; Meyer, Bruno [Bearb.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0142
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! 94 Deutschlands Kunkschätze.
„Die Vorsehung, welche mir einen Gönner erweckte, eben wie ich Attes verloren gegeben hatte."
„Wie schrieb sich damals die Vorsehung, mit einen „V" oder mit einem „F"?"
„Sire", sagte Chodowieckh bewegt, „ich kannte meinen Wohlthäter bis heute nicht. Ich hatte
-ein Bild gemalt in Watteau's Art: „Das Blindeluhspiel", das Monate taug im Nicolai'schen
!Buchladen am Fenster stand."
„Das Bild habe ich gesehen", sagte Friedrich; „aber es ist mehr daueret als Watteau ..."
„Ja, Sire! Da kam ein Wintertag, so daß man durch die gesroreuen Fenster kaum mein
armes Bild sehen konnte und in meinem Hause war der Executor uud hatte eine ganze Anzahl
Platten mitgenommen. An demselben Abend schickte mir Nicolai eine Nolle mit Ducaten — mein
„Blindeluhspiel" war verkauft, glänzend verkauft."
„Na, sieht Er, da ist das „Bliudekuhspiel" mit dem Atrappiren der richtigen Person beschlos-
sen worden."
„Majestät, ich weiß jetzt, daß der Name meines Gönners Friedrich heißen muß!"
„Aber Seiue Platteu hat Er doch alle unentgeltlich und unbeschädigt vom Epecutor wieder
erhalten ?" fragte der König hustend.
„Ja, und wenn ich sterbe, sollen dafür die besten Suiten derselben der königlichen Bibliothek
gehören."
„O, Er ist noch sehr rüstig. Er muß erst noch Vieles thun, bevor Er die Erlaubniß zum
Sterben erhalten kann. Er ist das einzige deutsche Genie in der Malerei, das ich in meinem
Staate habe; warte Er, bis ein zweites deutsches Genie kommt, das Ihn ablöst."
„Sire, ein Autodidakt gleich mir briugts uie sehr weit!"
„Ein solcher hat wenigstens keinen Mautelsack voll heiliger, historischer Unvernunft mit sich
herumzufchleppeu. Rechnet Er das für gar nichts?"
!Der König drehte seine Mappe um uud zeigte eiu neues Heft.
„Hier sind Seine Werke, soweit sie erschienen sind. Er hat sie vielleicht selbst nicht
einmal alle? M? Wenn unsere Zeit dereinst des Studiums für werth gehalteu wird, was ich doch
iauuehme, so wird man Seine Kupsertaselu uothwendig Haben, Chodowieckh, um uns lebend zu
erblicken!"
„Mein König, was soll ich antworten?" rief Chodowieckh, indeß die Thräuen über sein ehr-
!liches Gesicht rollten.
„O, dafür lasfe Er nur die Mappe hier forgeu", brummte Friedrich „Wie alt ist er doch?"
„Ich bin neunundfünfzig Jahre, Sire!"
„Er sieht aus, wie ein Neunundvierziger und dazu wie ein sehr wohl couservirter. Und der
Diensch ist in Wahrheit so alt, wie er aussieht! Seine Mappe ist noch nicht zur Hälfte ihres
Juhalts gelaugt, sage ich Ihm! Das Priucip der deutschen Wahrheit in der Zeichnenknnst und
Malerei Hat Er dieser verwaschenen französisch-sächsischen Schule gleich einer Granate iu's
>Gesicht geschleudert. Es kommt darauf an, durch eine ganze Reihe von Beispielen die Richtig-
keit Seines Princips der geistvollen Naturwahrheit zu beweisen."
„Allergnädigster König, die Hochfluth meiner Production liegt bereits hinter mir ..."
„O, das habe ich in Bezug auf mich 1754 bis 1755 gedacht und dann begann erst die Noth-
wendigkeit, mein Rechtsprincip mit den nothwendigen einleuchtenden Beispielen zu erläutern!"
 
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