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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0206
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138 Deutschlands Kunstschätze.
gewesen, was und wie sich das Alles verändert habe. Das war dunkel- oder vielmehr mißfarbig
geworden, wie ein mit verdünntem Kienruß überstrichenes Portrait. Es war jetzt ein altes Frauen-
gesicht geworden, mit keinen großen, sondern kleinen, stechend funkelnden Augen.
„Mein Joseph Maria! Ihr seid doch nicht böse aus mich, gute Base Agnes?" fragte Maxli,
einen Schritt zurücktretend.
„Ich habe es schon lange gemerkt, daß mein Dürer und sein böser Freund, oder böser Feind
Wilibald, wieder einen Anschlag gegen mich im Schilde führen", sagte Frau Agnes mit rauhem
Tone. „Aber ich werde ihnen die Zeche ankreiden. Ich weiß schon Alles, was Du sagen willst,
Maxli .. Es geht einmal wieder an's Bilderverschenken; aber daraus wird meiner Seel' nichts!"
„Ihr irrt, Base, ich habe blos von mir zu reden und von dem Besuche, welchen Herr Pyrk-
Heimer in vergangener Nacht erhalten hat . .."
Frau Agnes schöpfte Athem und horchte ganz verstört aus, daß sie in Maxli's Gedanken ein-
gehen sollte.
„Der Kaiser Max mit einem vornehmen Begleiter sind in unserem Hause", flüsterte Maxentia.
Frau Agnes schien zu erstarren wie Lot's Weib. Sie zog die schöne Verwandte zitternd in's
Haus, unten in die große Stube, wo Niemand sich aufhielt als zwei große Katzen, die Mehlsäcke
und Hürden mit getrockneten Kirschen zu bewachen schienen.
„Bist Du gewiß, Mädchen, daß es der Kaiser ist?" fragte Frau Agnes ganz erstarrt sich vor-
beugend.
„Verlaßt Euch drauf!"
„Aber Du hast nicht gehört, was der Herr Max mit Deinem Ohm verhandelte! Ob sie über
Meister Albrecht und über mich insbesondere gesprochen haben ...?"
„Ich habe ein paar Mal gelauscht; aber ganz viel konnte ich nicht verstehen. Herr Phrk-
heimer sprach meist so demüthig leise und Derjenige, welcher der Kaiser ist, hat eine so wüste ober-
ländische Aussprache, daß die Worte am Ohre vorbei sind, bevor man sie verstanden hat... Aber
deutlich habe ich Meister Dürer's Namen gehört, und dann war auch noch von anderen Schilderern
die Rede."
Frau Agnes, die doch so leicht durch irgend eine Controverse nicht zum Verstummen gebracht
werden konnte, schwieg lange und ihr Athem ward keuchend.
„Das ist eine abgeredete Sache", sagte sie, fest Maxentia's Hand drückend. „Der Pyrkheimer
gönnt mir nicht das Licht im Auge. Er hat geschworen, mich unter die Füße zu bringen. Wo der
Name von Meister Albrecht genannt wird, da kommt meiner hinterher: Dürer als der tapfere,
fromme Ritter und ich als das Schreckbild der Hölle... Und wenn ich nicht wäre und gewesen
wäre, was sollte mit Dürer geworden sein? Gewinnt er jetzt blutwenig mit all' seiner Kunst, so
würde er, wenn ich nicht auf Zahlung und Sparsamkeit hielte, vollends noch weniger als ein
Taglöhner verdienen ... Wenn ich hier in diesen beiden Stuben einen Handel mit Fischen, Käsen
und Eiern aufthun wollte, so würde ich mehr verdienen, als Alles, was Meister Dürer mit seinen
Gesellen anzuschaffen vermag... Aber ich gelte nichts, soll nichts gelten, damit ich zur Seite
geschoben werden kann, wenn es gilt, meinen Eheherrn auszuplündern. Und um ihn gründlicher
auszunutzen, als das bis jetzt geschehen konnte, dazu ist Seine kaiserliche Majestät hier persönlich
erschienen . . ."
 
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