Deutschlands Kunstschätze. 141
Der Kaiser hielt Maxentia's Hand in der seinigen.
„Ich will nicht wieder aus die Gasse", sagte er, „denn die Leute scheinen es darauf abgesehen
zu Haben, mir 'was Besonderes vom Gesicht ablesen zu wollen. Ich will hier im Hause warten,
bis Meister Dürer wieder heimkommt — denn sicher hat er die Stadt nicht verlassen ... Führe
mich, Kind; es ist hier ziemlich finster ... Ein oder das andere Stübchen wird Frau Agnese für
uns schon übrig haben . . ."
Maxentia führte den Kaiser treppan. Auf dem Corridor stand Frau Agnes, die für noth-
wendig gefunden hatte, eine noch höhere und streitbarer aussehende Haube aufzusetzen.
„Nun, Herr Pyrkheimer", sagte sie, „da Ihr so früh kommt, werdet Ihr hoffentlich ein guter
Bote sein . .."
„Ja, ehrsame Frau Base, und ich wollte, daß ich sagen könnte; ich bringe den Frieden . . ."
„Herr Vetter", antwortete Frau Agnes, „Ihr habt Euch so lange damit beschäftigt, den
Streit zu suchen, daß Ihr so gar leicht den Frieden nicht auffinden werdet. Habt Ihr ihn aber
mitgebracht, so soll er mir willkommen sein. Nur müßt Ihr mir nicht zumuthen, die Kosten zu
tragen! Wir haben schon mehrfach solche Pacta geschlossen und immer ist's an mir und Meister
Dürer gewesen, in der Gestalt von Bildern oder Kunstschnitzereien das Opfer für den Frieden zu
bringen... Welche Herren bringt Ihr da?"
„Freunde unseres guten Meisters aus den österreichischen Landen!" sagte Pyrkheimer.
„Die Stunde ist nicht wohl gewählt... Hier habe ich den Borstbesen, um Dürer's Mal-
zimmer aufzuputzen .. ."
„O, das wird Zeit Haben ..."
„Nein, nein, Herr Pyrkheimer; hier im Hause bestimme ich, was gethan werden muß und
was Zeit hat oder keine!"
„O, Frau Base, es sei fern von mir, Euer Recht anzutasten", antwortete Pyrkheimer sehr
behutsam.
„Dann tretet ein, Ihr Herren — ich werde gleich meine Arbeit abmachen . . ."
Eine schmale hohe Thür ward geöffnet und man sah einen langen, gebückten Mann mit
grauen Ringellocken, in einen fast priesterlichen Talar gehüllt, an einem kleinen Bilde malend, vor
einer Staffelei stehen. Der gleichgültige, halbtraurige Blick, mit welchem sich der altgewordene
Meister umschaute, verrieth deutlich, daß Frau Agnes keine Sylbe davon gesagt hatte, wer im
Begriff war, den Meister heimzusuchen.
Der Kaiser schritt mit Lebhaftigkeit voran dem Maler die Hand entgegenstreckend.
Dürer erhob beide Arme und stieß einen Ausruf freudigster Ueberraschung aus. In höchster
Verwirrung legte er Palette, Pinsel und Malstock zur Seite und beugte das Knie. Maximilian
machte ganz dieselbe Bewegung.
„Nun, beim Heiligen Crispinus und seinen Lederhosen", rief der Kaiser, den frohen Ton der
Jugend anschlagend, wenn wir uns auf die Kniee gelegt haben werden, was sollen wir beiden alten
Gesellen dann mit einander anfangen?"
Er umarmte Dürer.
„Nein", fuhr Max mit hohem Tone fort, „Fürst gegen Fürst und Äug' in Auge, in denen
Jeder bei dem Andern die alte Liebe, die alte Ehrerbietung wiederfindet! Wenn gefragt wird, wer
Der Kaiser hielt Maxentia's Hand in der seinigen.
„Ich will nicht wieder aus die Gasse", sagte er, „denn die Leute scheinen es darauf abgesehen
zu Haben, mir 'was Besonderes vom Gesicht ablesen zu wollen. Ich will hier im Hause warten,
bis Meister Dürer wieder heimkommt — denn sicher hat er die Stadt nicht verlassen ... Führe
mich, Kind; es ist hier ziemlich finster ... Ein oder das andere Stübchen wird Frau Agnese für
uns schon übrig haben . . ."
Maxentia führte den Kaiser treppan. Auf dem Corridor stand Frau Agnes, die für noth-
wendig gefunden hatte, eine noch höhere und streitbarer aussehende Haube aufzusetzen.
„Nun, Herr Pyrkheimer", sagte sie, „da Ihr so früh kommt, werdet Ihr hoffentlich ein guter
Bote sein . .."
„Ja, ehrsame Frau Base, und ich wollte, daß ich sagen könnte; ich bringe den Frieden . . ."
„Herr Vetter", antwortete Frau Agnes, „Ihr habt Euch so lange damit beschäftigt, den
Streit zu suchen, daß Ihr so gar leicht den Frieden nicht auffinden werdet. Habt Ihr ihn aber
mitgebracht, so soll er mir willkommen sein. Nur müßt Ihr mir nicht zumuthen, die Kosten zu
tragen! Wir haben schon mehrfach solche Pacta geschlossen und immer ist's an mir und Meister
Dürer gewesen, in der Gestalt von Bildern oder Kunstschnitzereien das Opfer für den Frieden zu
bringen... Welche Herren bringt Ihr da?"
„Freunde unseres guten Meisters aus den österreichischen Landen!" sagte Pyrkheimer.
„Die Stunde ist nicht wohl gewählt... Hier habe ich den Borstbesen, um Dürer's Mal-
zimmer aufzuputzen .. ."
„O, das wird Zeit Haben ..."
„Nein, nein, Herr Pyrkheimer; hier im Hause bestimme ich, was gethan werden muß und
was Zeit hat oder keine!"
„O, Frau Base, es sei fern von mir, Euer Recht anzutasten", antwortete Pyrkheimer sehr
behutsam.
„Dann tretet ein, Ihr Herren — ich werde gleich meine Arbeit abmachen . . ."
Eine schmale hohe Thür ward geöffnet und man sah einen langen, gebückten Mann mit
grauen Ringellocken, in einen fast priesterlichen Talar gehüllt, an einem kleinen Bilde malend, vor
einer Staffelei stehen. Der gleichgültige, halbtraurige Blick, mit welchem sich der altgewordene
Meister umschaute, verrieth deutlich, daß Frau Agnes keine Sylbe davon gesagt hatte, wer im
Begriff war, den Meister heimzusuchen.
Der Kaiser schritt mit Lebhaftigkeit voran dem Maler die Hand entgegenstreckend.
Dürer erhob beide Arme und stieß einen Ausruf freudigster Ueberraschung aus. In höchster
Verwirrung legte er Palette, Pinsel und Malstock zur Seite und beugte das Knie. Maximilian
machte ganz dieselbe Bewegung.
„Nun, beim Heiligen Crispinus und seinen Lederhosen", rief der Kaiser, den frohen Ton der
Jugend anschlagend, wenn wir uns auf die Kniee gelegt haben werden, was sollen wir beiden alten
Gesellen dann mit einander anfangen?"
Er umarmte Dürer.
„Nein", fuhr Max mit hohem Tone fort, „Fürst gegen Fürst und Äug' in Auge, in denen
Jeder bei dem Andern die alte Liebe, die alte Ehrerbietung wiederfindet! Wenn gefragt wird, wer