Sebastiano Fuciaui. 57
Bildnisse gingen sonst auf den Namen des Raphael, so der Cardinal Polus in der Eremitage zu
St. Petersburg, das (so wie so fälschlich) Raphael und sein Fechtmeister benannte Doppelbildniß
!im Louvre und die Improvisatorin Beatrice (vermeintliche Fornarina) in der Tribuna der Uffizien,
!von 1512. Später liebte er es, seine Portraits in überlebensgroßem Maßstabe und streng monu-
!mentalem Charakter zu halten. Das wichtigste ist wohl das des Andrea Doria im Palazzo Doria
lzu Rom; danach etwa ein Cardinal in den Studj zu Neapel und ein weibliches Bildniß in der
^utional Ouler^ zu London. Sehr merkwürdig als coloristisches Bravourstück und gleichzeitig als
ein eminent liebenswürdiges Werk ist das Bildniß einer grün gekleideten Dame, angeblich einer
Medicäerin, vor einem grünen Vorhang, im Städelschen Institut zu Frankfurt a. M.
Das Erste, was er in Rom malte, bevor noch Michelangelo Einfluß auf ihn gewann, sind die
allegorischen Gruppen der Lünetten im Saal der Galathea (Farnesina) mit den ganz im Sinne der
Kunst Gorgione's von einer gewissen verklärten Sinnlichkeit durchwehten weiblichen Köpfen. Dem
Anfänge der römischen Zeit gehört auch die Marter der heiligen Agathe, im Palazzo Pitti zu
Florenz. In dem Späteren greift das erfindende Genie Michelangelo's schon überall in seine
Production ein. Sebastiano hatte wenig Compositionsgabe; der gewaltige Florentiner aber hielt
nur die Frescomalerei für eines Mannes würdige Beschäftigung und hatte nicht entfernt für die
der Phantasie entquellenden Bilder eine Verwendung. In flüchtigen Zügen, ost nur leife andeutend,
hielt die sichere Haud die erschauten Gebilde fest, und der Meister freute sich, wenn sie durch den
Fleiß und das Geschick Anderer zum vollen Leben gerufen wurden. Sebastiano steht obenan unter
denen, die seine Ideen sich verständnißvoll aneigneten, und so unbestimmbar auch in den meisten
Fällen der persönliche Antheil des Aussührenden an der definitiven Gestaltung des Entwurfes ist,
so darf in keinem Falle diese Art von Thätigkeit unterschätzt werden. Ihr verdankt das Hauptwerk
Sebastiano's seinen Ursprung, die Auferweckung des Lazarus, die er 1519 im Wettstreit mit
Raphael's Transfiguration malte, und die neben letzterer ausgestellt trotz der kräftigen allgemeinen
Sympathie mit dem eben verblichenen Meister doch vielfach vorgezogen wurde. Das Bild gehört
der Londoner ^atiouul Ouler^. Das Bedeutsamste darin ist unzweifelhaft die ebenso unzweifelhaft
von Michelangelo erfundene Figur des Lazarus, in der das noch traumhafte und überraschende
Wiederaufleben sowie das instinctive Grauen vor dem Tode und seinen Symbolen, indem Fuß und
Hand an der Befreiung aus den Leichentüchern arbeiten, geistvoll und ergreifend ausgedrückt ist.
Die Ausführung ist sehr gediegen, die Farbe tief und gesättigt.
Schon vorher (1517) Hatte Sebastiano die erste Capelle in S. Pietro in Montorio nach
Michelangelo's Skizzen mit Fresken geschmückt, darunter besonders herrlich und ausdrucksvoll die
Geißelung Christi. In spätere Zeit fällt die Geburt Mariä aus dem Altar der Chigicapelle in Sta.
Maria del popolo, nicht mehr von angenehmer Wirkung. Noch mögen zwei sehr edle und großartig
schöne Bilder angeführt werden, die sich im Louvre und im Berliner Museum befinden: eine Heim-
suchung Marias, in lebensgroßen, Figuren bis zum Knie, und der todte Christus, von Joseph von
Arimathia und Magdalena betrauert, auf eine Steinplatte in sehr colossalen Halbfiguren gemalt.
Deutschlands Kunstschätze. II.
Bildnisse gingen sonst auf den Namen des Raphael, so der Cardinal Polus in der Eremitage zu
St. Petersburg, das (so wie so fälschlich) Raphael und sein Fechtmeister benannte Doppelbildniß
!im Louvre und die Improvisatorin Beatrice (vermeintliche Fornarina) in der Tribuna der Uffizien,
!von 1512. Später liebte er es, seine Portraits in überlebensgroßem Maßstabe und streng monu-
!mentalem Charakter zu halten. Das wichtigste ist wohl das des Andrea Doria im Palazzo Doria
lzu Rom; danach etwa ein Cardinal in den Studj zu Neapel und ein weibliches Bildniß in der
^utional Ouler^ zu London. Sehr merkwürdig als coloristisches Bravourstück und gleichzeitig als
ein eminent liebenswürdiges Werk ist das Bildniß einer grün gekleideten Dame, angeblich einer
Medicäerin, vor einem grünen Vorhang, im Städelschen Institut zu Frankfurt a. M.
Das Erste, was er in Rom malte, bevor noch Michelangelo Einfluß auf ihn gewann, sind die
allegorischen Gruppen der Lünetten im Saal der Galathea (Farnesina) mit den ganz im Sinne der
Kunst Gorgione's von einer gewissen verklärten Sinnlichkeit durchwehten weiblichen Köpfen. Dem
Anfänge der römischen Zeit gehört auch die Marter der heiligen Agathe, im Palazzo Pitti zu
Florenz. In dem Späteren greift das erfindende Genie Michelangelo's schon überall in seine
Production ein. Sebastiano hatte wenig Compositionsgabe; der gewaltige Florentiner aber hielt
nur die Frescomalerei für eines Mannes würdige Beschäftigung und hatte nicht entfernt für die
der Phantasie entquellenden Bilder eine Verwendung. In flüchtigen Zügen, ost nur leife andeutend,
hielt die sichere Haud die erschauten Gebilde fest, und der Meister freute sich, wenn sie durch den
Fleiß und das Geschick Anderer zum vollen Leben gerufen wurden. Sebastiano steht obenan unter
denen, die seine Ideen sich verständnißvoll aneigneten, und so unbestimmbar auch in den meisten
Fällen der persönliche Antheil des Aussührenden an der definitiven Gestaltung des Entwurfes ist,
so darf in keinem Falle diese Art von Thätigkeit unterschätzt werden. Ihr verdankt das Hauptwerk
Sebastiano's seinen Ursprung, die Auferweckung des Lazarus, die er 1519 im Wettstreit mit
Raphael's Transfiguration malte, und die neben letzterer ausgestellt trotz der kräftigen allgemeinen
Sympathie mit dem eben verblichenen Meister doch vielfach vorgezogen wurde. Das Bild gehört
der Londoner ^atiouul Ouler^. Das Bedeutsamste darin ist unzweifelhaft die ebenso unzweifelhaft
von Michelangelo erfundene Figur des Lazarus, in der das noch traumhafte und überraschende
Wiederaufleben sowie das instinctive Grauen vor dem Tode und seinen Symbolen, indem Fuß und
Hand an der Befreiung aus den Leichentüchern arbeiten, geistvoll und ergreifend ausgedrückt ist.
Die Ausführung ist sehr gediegen, die Farbe tief und gesättigt.
Schon vorher (1517) Hatte Sebastiano die erste Capelle in S. Pietro in Montorio nach
Michelangelo's Skizzen mit Fresken geschmückt, darunter besonders herrlich und ausdrucksvoll die
Geißelung Christi. In spätere Zeit fällt die Geburt Mariä aus dem Altar der Chigicapelle in Sta.
Maria del popolo, nicht mehr von angenehmer Wirkung. Noch mögen zwei sehr edle und großartig
schöne Bilder angeführt werden, die sich im Louvre und im Berliner Museum befinden: eine Heim-
suchung Marias, in lebensgroßen, Figuren bis zum Knie, und der todte Christus, von Joseph von
Arimathia und Magdalena betrauert, auf eine Steinplatte in sehr colossalen Halbfiguren gemalt.
Deutschlands Kunstschätze. II.