Gerard Dov.
Der Erste, der sich nach Rembrandt gebildet, jedoch eine sehr abweichende, ganz selbständige
Kunstart entwickelt hat, war der Sohn des Leydener Glasers Jan Dou (oder Douwe): Gerrit
Douenszoon, später immer Gerard Dov (selten Dou) genannt, von den Geschichtsschreibern
dieser seiner eigenen Rechtschreibung zuwider immer Dow geschrieben. Er trat bereits 1628 in
das Atelier seines Mitbürgers Rembrandt ein und blieb bis zu dessen Uebersiedelung nach Amster-
dam (1630) bei ihm. Vorher schon hatte er bei dem Kupferstecher Bartholomäus Dolendo!
und darnach bei dem Glasmaler Pieter Kouwenhorn die Anfangsgründe der Malerkunst erlernt.
In dem Kataloge des Brüsseler Museums sagt dessen gelehrter Verfasser über Dov: „Die
Ausgabe seines Biographen ist leicht, wenn er sich darein findet, nichts zu sagen zu Haben. Gerard
>Dov hat sein Atelier nicht verlassen und hat keine andere Geschichte als die seiner Werke." Das
klingt recht bequem, und es scheint also einfach zu erübrigen, Anfang und Ende seiner Lebensbahn
mit den überall angeführten Jahreszahlen 1613 und 1680 zu bezeichnen und allenfalls seinen ge-
wöhnlich angeführten Geburtstag, den 7. April, hinzuzufügen. Invessen erhebt sich gegen diese!
Zahlen Widerspruch. Auf einem seiner Hauptbilder, der „Wassersüchtigen Frau" im Louvre, steht
geschrieben: 1663 G. Dov out (alt) 65 Jaer. Danach fiele seine Geburt 1598. Indessen die
Inschrift ist als gefälscht anerkannt. Doch ein Bild in München gilt als sein Selbstportrait und
giebt das Alter des Dargestellten im Jahre 1663 auf 56 Jahre an; derselbe wäre also 1607 ge-!
boren. Ist das aber unzweifelhaft der Künstler selber? Das müßte schlagender sein, als es ist, um
ein so frühes Geburtsjahr glauben zu machen. In der That leidet ein solches Datum an zwei
großen Unwahrscheinlichkeiten. Erstlich zeigen fast alle Meister der holländischen Schule eine sehr
frühe Reife, was außer ihrem Talent durch den Umstand begründet ist, daß sie das „Handwerk"
bereits in frühester Jugend zu lernen anfangen. Dov sieht nicht so aus, als ob er davon eine Aus-
nahme gemacht und sich erst mit dreißig oder selbst nur mit einundzwanzig Jahren in die eigent-
liche Lehre begeben hätte. Ferner ist es an und für sich mißlich, einen einundzwanzigjährigen Leh-
rer zu wählen (wie Rembrandt 1628 war), kaum aber würde man einem solchen einen gleich-
altrigen oder gar älteren Schüler übergeben. Ganz anders, wenn der Schüler noch ein Knabe
von etwa fünfzehn Jahren war. Und war Dov auch nur so, alt, als er zu Rembrandt kam? Es ist
Veranlassung oder wenigstens Möglichkeit zum Zweifel.
Das Reichsmuseum zu Amsterdam enthält ein Bild, Bildniß des Leydener Bürgermeisters
Pieter van der Werf und seiner Gemahlin in einer Landschaft. Die Letztere ist — dem Charakter
, und einer ächten Inschrift nach — von Nicolas Berchem, die Figuren sind von Dov, der das
Deutschlands Kunstschätze U
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Der Erste, der sich nach Rembrandt gebildet, jedoch eine sehr abweichende, ganz selbständige
Kunstart entwickelt hat, war der Sohn des Leydener Glasers Jan Dou (oder Douwe): Gerrit
Douenszoon, später immer Gerard Dov (selten Dou) genannt, von den Geschichtsschreibern
dieser seiner eigenen Rechtschreibung zuwider immer Dow geschrieben. Er trat bereits 1628 in
das Atelier seines Mitbürgers Rembrandt ein und blieb bis zu dessen Uebersiedelung nach Amster-
dam (1630) bei ihm. Vorher schon hatte er bei dem Kupferstecher Bartholomäus Dolendo!
und darnach bei dem Glasmaler Pieter Kouwenhorn die Anfangsgründe der Malerkunst erlernt.
In dem Kataloge des Brüsseler Museums sagt dessen gelehrter Verfasser über Dov: „Die
Ausgabe seines Biographen ist leicht, wenn er sich darein findet, nichts zu sagen zu Haben. Gerard
>Dov hat sein Atelier nicht verlassen und hat keine andere Geschichte als die seiner Werke." Das
klingt recht bequem, und es scheint also einfach zu erübrigen, Anfang und Ende seiner Lebensbahn
mit den überall angeführten Jahreszahlen 1613 und 1680 zu bezeichnen und allenfalls seinen ge-
wöhnlich angeführten Geburtstag, den 7. April, hinzuzufügen. Invessen erhebt sich gegen diese!
Zahlen Widerspruch. Auf einem seiner Hauptbilder, der „Wassersüchtigen Frau" im Louvre, steht
geschrieben: 1663 G. Dov out (alt) 65 Jaer. Danach fiele seine Geburt 1598. Indessen die
Inschrift ist als gefälscht anerkannt. Doch ein Bild in München gilt als sein Selbstportrait und
giebt das Alter des Dargestellten im Jahre 1663 auf 56 Jahre an; derselbe wäre also 1607 ge-!
boren. Ist das aber unzweifelhaft der Künstler selber? Das müßte schlagender sein, als es ist, um
ein so frühes Geburtsjahr glauben zu machen. In der That leidet ein solches Datum an zwei
großen Unwahrscheinlichkeiten. Erstlich zeigen fast alle Meister der holländischen Schule eine sehr
frühe Reife, was außer ihrem Talent durch den Umstand begründet ist, daß sie das „Handwerk"
bereits in frühester Jugend zu lernen anfangen. Dov sieht nicht so aus, als ob er davon eine Aus-
nahme gemacht und sich erst mit dreißig oder selbst nur mit einundzwanzig Jahren in die eigent-
liche Lehre begeben hätte. Ferner ist es an und für sich mißlich, einen einundzwanzigjährigen Leh-
rer zu wählen (wie Rembrandt 1628 war), kaum aber würde man einem solchen einen gleich-
altrigen oder gar älteren Schüler übergeben. Ganz anders, wenn der Schüler noch ein Knabe
von etwa fünfzehn Jahren war. Und war Dov auch nur so, alt, als er zu Rembrandt kam? Es ist
Veranlassung oder wenigstens Möglichkeit zum Zweifel.
Das Reichsmuseum zu Amsterdam enthält ein Bild, Bildniß des Leydener Bürgermeisters
Pieter van der Werf und seiner Gemahlin in einer Landschaft. Die Letztere ist — dem Charakter
, und einer ächten Inschrift nach — von Nicolas Berchem, die Figuren sind von Dov, der das
Deutschlands Kunstschätze U
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