Gerard Dov. 63
Verkaufsrecht seiner Bilder. Da darf man sich also den Meister im Genuß eines sehr stattlichen
-Einkommens vorstellen.
Der eigeuthümliche Werth und Vorzug seiner Bilder liegt in ihrer außerordentlichen male-
rischen Haltung; die warme Färbung ist von seltener Klarheit und Kraft, und die unglaublich
feine Ausführung alles Einzelnen verhindert ihn nicht, dem Ganzen eine vollkommene Harmonie
des Eindrucks zu geben. Dazu dient ihm hauptsächlich das meisterhaft behandelte Helldunkel,
die geschlossene Beleuchtung, als deren Quelle er gern künstliches Licht einführte; ja er gefiel sich
darin, durch mehrere, selbst durch zahlreiche künstliche Lichtquellen auf einem Bilde, wie besonders
aus der berühmten Abendschule im Museum zu Amsterdam (auf der fünf Flammen in verschiedenen
Gründen ihr Licht ausstrahlen), sich Schwierigkeiten zu schaffen, um sie auf's Ueberraschendste zu über-
winden. Oft sind freilich seine Nachtstücke jetzt durch Nachdunkelu so schwer erkennbar geworden,
daß das Auge sich erst eingewöhnen und von der Hauptlichtmasse ans allmählich die Schattenpar-
tien durchdringen muß.
Er erfreut durch eine wunderbar scharfe Naturbeobachtung, die er mit beispielloser Sicherheit
der Hand in seinen Bildern verwerthet. Da er sich kein Detail entgehen ließ, so haben seine
Darstellungen das Ansehen der Verkleinerungen in der eumeru okseuru; und wirklich soll er die
Gegenstände beim Malen durch concave (verkleinernde) Gläser oder durch Hohlspiegel betrachtet
Haben. Sein Vortrag hat bei aller Sorgsamkeit nichts Gequältes, sein Farbenanftrag ist kräftig
und sehr gleichmäßig.
Diesen Lichtseiten seiner Kunst, in denen er (in dieser bestimmten Vereinigung wenigstens)
ohne Rivalen in der Kunstgeschichte dasteht, entsprechen nun aber beinahe mit Naturnothwendig-
keit gewisse Beschränkungen seines Talentes. Er kann die Natur nicht in der Bewegung oder gar
Erregung auffassen. So cultivirt er nicht selten das wirkliche Stillleben; aber auch, wo er —
;wie weit überwiegend — Figürliches darstellt, bevorzugt er durchaus ruhige Daseinsformen, leiden-
schaftslose Charaktere, gemessene Beschäftigungen, einfache Situationen. Seine Gemälde ent-
halten oft nur eine, meist nur wenige Personen; reichere Compositionen sind ganz erstaunlich selten.
Das in dieser Hinsicht unübertroffene, auch den Dimensionen nach bedeutendste unter Dov's Bildern
(1,10 : 0,81 M.) ist der Marktschreier, in der Münchener Pinakothek. Energische äußere Bewe-
gung stellt er kaum dar, eher innere; dahin gehören seine Krankenbesuche, u. A. als eins seiner
Meisterwerke die wassersüchtige Frau im Louvre. Diese Fälle ausgenommen erregen seine Bilder kaum
ein lebhaftes geistiges Interesse, dagegen waltet in ihnen — schon in der Empfindungsweise, geför-
dert noch durch die malerischen Eigenschaften des Meisters — eine gemüthliche, anheimelnde Stimmung.
Der Stosskreis seiner Bilder gehört meist den unteren und mittleren Ständen an; sehr gern
beschäftigt er sich auch mit Einsiedlern, meist im Gebet; hiervon ist wohl das hervorragendste
Exemplar in der Dresdener Galerie zu suchen. Seine Köpfe sind einförmig und treten selten aus
einem engen Kreise von Physiognomien, die jedoch ganz zu seinen Gegenständen und seiner Auf-
fassung stimmen, heraus: es war ihm als Modell zu dienen eben eine Ausgabe, für die er nur in!
ausgewählten Exemplaren der menschlichen Species die nöthige unermüdliche Geduld vorfand.
- Außer den Galerien, aus denen bereits einzelne Bilder angeführt sind, ist auch die Eremitage
in St. Petersburg reich an Dov'schen Gemälden. Weiter auf einzelne Werke einzugehen würde
bei der reichen Auswahl des durchweg Vortrefflichen zu weit führen. L N.
16*
Verkaufsrecht seiner Bilder. Da darf man sich also den Meister im Genuß eines sehr stattlichen
-Einkommens vorstellen.
Der eigeuthümliche Werth und Vorzug seiner Bilder liegt in ihrer außerordentlichen male-
rischen Haltung; die warme Färbung ist von seltener Klarheit und Kraft, und die unglaublich
feine Ausführung alles Einzelnen verhindert ihn nicht, dem Ganzen eine vollkommene Harmonie
des Eindrucks zu geben. Dazu dient ihm hauptsächlich das meisterhaft behandelte Helldunkel,
die geschlossene Beleuchtung, als deren Quelle er gern künstliches Licht einführte; ja er gefiel sich
darin, durch mehrere, selbst durch zahlreiche künstliche Lichtquellen auf einem Bilde, wie besonders
aus der berühmten Abendschule im Museum zu Amsterdam (auf der fünf Flammen in verschiedenen
Gründen ihr Licht ausstrahlen), sich Schwierigkeiten zu schaffen, um sie auf's Ueberraschendste zu über-
winden. Oft sind freilich seine Nachtstücke jetzt durch Nachdunkelu so schwer erkennbar geworden,
daß das Auge sich erst eingewöhnen und von der Hauptlichtmasse ans allmählich die Schattenpar-
tien durchdringen muß.
Er erfreut durch eine wunderbar scharfe Naturbeobachtung, die er mit beispielloser Sicherheit
der Hand in seinen Bildern verwerthet. Da er sich kein Detail entgehen ließ, so haben seine
Darstellungen das Ansehen der Verkleinerungen in der eumeru okseuru; und wirklich soll er die
Gegenstände beim Malen durch concave (verkleinernde) Gläser oder durch Hohlspiegel betrachtet
Haben. Sein Vortrag hat bei aller Sorgsamkeit nichts Gequältes, sein Farbenanftrag ist kräftig
und sehr gleichmäßig.
Diesen Lichtseiten seiner Kunst, in denen er (in dieser bestimmten Vereinigung wenigstens)
ohne Rivalen in der Kunstgeschichte dasteht, entsprechen nun aber beinahe mit Naturnothwendig-
keit gewisse Beschränkungen seines Talentes. Er kann die Natur nicht in der Bewegung oder gar
Erregung auffassen. So cultivirt er nicht selten das wirkliche Stillleben; aber auch, wo er —
;wie weit überwiegend — Figürliches darstellt, bevorzugt er durchaus ruhige Daseinsformen, leiden-
schaftslose Charaktere, gemessene Beschäftigungen, einfache Situationen. Seine Gemälde ent-
halten oft nur eine, meist nur wenige Personen; reichere Compositionen sind ganz erstaunlich selten.
Das in dieser Hinsicht unübertroffene, auch den Dimensionen nach bedeutendste unter Dov's Bildern
(1,10 : 0,81 M.) ist der Marktschreier, in der Münchener Pinakothek. Energische äußere Bewe-
gung stellt er kaum dar, eher innere; dahin gehören seine Krankenbesuche, u. A. als eins seiner
Meisterwerke die wassersüchtige Frau im Louvre. Diese Fälle ausgenommen erregen seine Bilder kaum
ein lebhaftes geistiges Interesse, dagegen waltet in ihnen — schon in der Empfindungsweise, geför-
dert noch durch die malerischen Eigenschaften des Meisters — eine gemüthliche, anheimelnde Stimmung.
Der Stosskreis seiner Bilder gehört meist den unteren und mittleren Ständen an; sehr gern
beschäftigt er sich auch mit Einsiedlern, meist im Gebet; hiervon ist wohl das hervorragendste
Exemplar in der Dresdener Galerie zu suchen. Seine Köpfe sind einförmig und treten selten aus
einem engen Kreise von Physiognomien, die jedoch ganz zu seinen Gegenständen und seiner Auf-
fassung stimmen, heraus: es war ihm als Modell zu dienen eben eine Ausgabe, für die er nur in!
ausgewählten Exemplaren der menschlichen Species die nöthige unermüdliche Geduld vorfand.
- Außer den Galerien, aus denen bereits einzelne Bilder angeführt sind, ist auch die Eremitage
in St. Petersburg reich an Dov'schen Gemälden. Weiter auf einzelne Werke einzugehen würde
bei der reichen Auswahl des durchweg Vortrefflichen zu weit führen. L N.
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