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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0200
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132 DtülschlilNds Kunstschatze.
„Herr Wilibald, um meine Brust zu erleichtern bin ich gekommen und habe alte Freunde
ausgesucht", entgegnete Kaiser Max. „Es bricht ein Wetter los im deutschen Lande, dies zieht von
Rom her über meine Alpen heran. Ich kann's nicht aufhalten; aber ich will wehren, so viel ich
vermag, daß es im Reiche nicht zu schweren Schaden anrichtet! Für diesen Zweck werbe ich Bundes-
genossen; aber sie haben heute noch dickere Ohren, als wenn's gegen den Türken ginge. Wen werde
ich für mich Haben?"
Pyrkheimer stand aus
„Allergnädigster Kaiser", rief er, „all und jeden deutschen Mann, aber kaiserlicher Majestät
Regiment muß ganz und gar deutsch sein!"
„Nun, Herr Wilibald, das ist die Falle, in welcher der Kaiser gefangen wird; ist's hinten nicht,
so wird's vorn sein", sagte Max lächelnd und den Kopf schüttelnd. „Was heißt deutsch? Die
geistlichen Kurfürsten und Fürsten, die Wittelsbacher Höfe und Alles, was Käppchen und Kreuzchen
trägt. Alles, was den Priestern gehorsam und unterthänig ist — die sagen, daß der Papst und die
Kirche sowohl das Römische als das echt und fromm Deutsche im heiligen Römischen Reiche
deutscher Nation sei. Und die weltlichen Fürsten, vom Sachsenland bis zur Nordsee, sagen: daß Der-
jenige deutsch sei, wer die Priestermacht breche, die kein wahrhaft deutscher Kaiser beschützen dürfe."
„Eure Majestät.."
„Noch ein Wort: ich, der Kaiser hätte für mich die Städte des Reichs, wenn sie unparteiisch
zu mir halten wollten; aber der religiöse Mummenschanz ist auch hier wie eine böse Krankheit ein-
gedrungen... Euer Nürnberg ist für die Wittenberg'schen Theologen begeistert, habe ich gehört..."
„Ich kann's nicht leugnen", antwortete Pyrkheimer achselzuckend. „Und wir hegen hier keinen
sehnlichern Wunsch, als daß Ihr, allergnädigster Kaiser und Herr, dreinschauen möchtet, wie einst
der Rothbart, der Hohenstausen, um dem Papst und den Priestern zu zeigen, daß Christi Kirche
nicht ihre Selavin ist; daß die Kirche nichts ist, als die Gemeinschaft der Frommen und Heiligen,
zu deren Dienst die Priester berufen wurden .."
Graf Dietrichstein zog düster die Stirn zusammen.
„Ach, Wilibald", sagte der Kaiser, „mir ist das Alles wohl geläufig genug; aber ich alter
Kauz bin der alten Priesterkirche gewöhnt und kann, vielleicht kurz vor meinem Abscheiden mit, den
Leuten keine Händel beginnen, die mich für selig oder verworfen erklären können. Ich habe zum
Frieden gestrebt, aber links und rechts will man das Schwert walten lassen... In meinem
deutschen Lande wird's schweres Unheil geben. Die Deutschen allein werden des Papstes nicht
mächtig und der Kaiser steht in dem Ungewitter und muß der Kirche retten, was noch zu
retten ist."
„Mein Kaiser", sagte Pyrkheimer, die Hand auf die Brust legend, „da Ihr mit dieser Ueber-
zeugung kamt, so ist's sehr wohlgethan gewesen, daß Ihr in der Stille eingeritten seid; denn unsre
Gilden sämmtlich, die Schuster, Fleischer und Bogner ausgenommen, stehen für die Lehren des
Augustiners von Wittenberg und haben Eure kaiserlichen Erlasse, in welchen dem Volke die Rechte
der Priesterschaft in's Gedächtniß gerufen werden, auf dem St. Lorenzkirchhofe verbrannt. Aller
Gewerbebetrieb der Klöster und Geistlichen hat aufhören müssen und jetzt eben sind wir dran, um
auszumacheu, was die Bürgerschaft an geistlichen Gefällen ferner zahlen und zu verabreichen von
Rechtswegen gehalten sein soll."
 
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