Adriaen Brouwer.
Einer der genialsten Schüler des Frans Hals war Adriaen Brouwer. Von seinem
Leben ist wenig Sicheres bekannt. Er war 1608 zu Haerlem geboren, und soll durch kleine Zeich-
nungen für seine arme Mutter den Lebensunterhalt verdient haben, bis ihn Hals sah, auf sein Talent
aufmerksam wurde, ihn zu sich nahm, ausbildete und — ausbeutete, indem er des Schülers Bilder
zu seinem eigenen Vortheil theuer an den Mann brachte. Wer Frans Hals aus seinen Werken
kennt, wird ihn keiner solchen Niederträchtigkeit fähig halten, die auch mit dem erst geleisteten
Werke der Barmherzigkeit schlecht stimmen würde. Es wird daher auch nichts mit dem Entweichen
Brouwers aus dem Hause seines Meisters sein. Wohl aber ist es als wahr anzunehmen, daß er
sich nach einander zu Amsterdam, Antwerpen und Paris aufgehalten. Er soll natürlich sehr wüst
gelebt und das reichlich erworbene Geld schnöde vergeudet haben. Und bei ihm ist vielleicht
wirklich einmal etwas Wahres an dieser stehenden Phrase unserer sauberen Biographen; denn er
bewegt sich in seinen Bildern mit solcher Ausschließlichkeit und mit solchem Behagen in der tollsten
Kneipenlust, daß etwas Lebensgewohnheit dahinter zu sein scheint; und er endete sehr jung. Er soll,
im Spital zu Antwerpen 1640 gestorben sein, und Rubens soll sich seiner noch nach dem Tode
angenommen haben, indem er für eine anständige Beisetzung und ein Grabdenkmal Sorge trug. Diese
an sich unwahrscheinliche Sage — Rubens starb schon im Mai 1640 — würde gänzlich hinfällig
sein, wenn es sicher nachgewiesen wäre, daß der Adriaen Brouwer, für den unterm 31. März 1640
in der großen Kirche zu Haerlem ein Grab geöffnet wurde, mit unserem Künstler identisch ist, was
vorläufig wenigstens die Wahrscheinlichkeit für sich hat. Demnach wäre Brouwer in seiner Vater-
stadt und anscheinend nicht in den schlechtesten Verhältnissen gestorben, denn die Glocken läuteten
eine halbe Stunde während seiner Beisetzung, wofür acht Gulden bezahlt wurden.
Brouwer übertrug die Kunstweise des Frans Hals auf die Darstellung der Bauernwelt, und
ging mit aller Energie in die individuelle Charakteristik ihrer Typen ein. Nach dieser Richtung
Hat er — als ächtester und congenialster Nachfolger seines großen Meisters — im kleinsten Rah-
men Großartiges geleistet. Niemand hat das Wesen des Hals tiefer verstanden und voll-
ständiger verarbeitet als er. Seine wesentlichste Eigenschaft nächst der naiven und flotten Charak-
teristik ist seine bildmäßige Auffassung. Selbst die einfachste Kopfstudie wird bei ihm zum Genre-
bilde; und mit unverwüstlicher, ausgelassener Laune streut er seine freien, geistreichen Bildungen
hin. In seiner Weise ist ihm kein zweiter Meister an die Seite zu setzen, und in seiner erstaun-
lichen Technik kommt ihm auch Keiner gleich. Fast skizzenhaft, mit der leichtesten tuschenden Pinsel-
führung sind Formen und Farben mit unfehlbarer Sicherheit und sprudelnder Leichtigkeit vorgetragen;
und er hat sich eine emiuent malerische Farbenscala und ein höchst feines Helldunkel gebildet.
Rubens und Rembrandt, die beiden Größten des Jahrhunderts, schätzten Brouwer hoch. Jener
besaß in seiner Sammlung siebzehn Gemälde von seiner Hand; in Rembrandt's Versteigerungskatalog
werden sieben Bilder und eine Mappe mit Zeichnungen von ihm aufgeführt. — Freilich schön — im
gewöhnlichen Verstände — sind seine Bilder, seine Gestalten nicht; aber charakteristisch, geistvoll
und malerisch in außerordentlichem Maße.
Seine Bilder sind selten, und der Bestand ist noch nicht genügend gesichtet. Die meisten
(nämlich neun) und zugleich die ausgesührtesteu Bilder seiner Hand besitzt die Pinakothek.
Einer der genialsten Schüler des Frans Hals war Adriaen Brouwer. Von seinem
Leben ist wenig Sicheres bekannt. Er war 1608 zu Haerlem geboren, und soll durch kleine Zeich-
nungen für seine arme Mutter den Lebensunterhalt verdient haben, bis ihn Hals sah, auf sein Talent
aufmerksam wurde, ihn zu sich nahm, ausbildete und — ausbeutete, indem er des Schülers Bilder
zu seinem eigenen Vortheil theuer an den Mann brachte. Wer Frans Hals aus seinen Werken
kennt, wird ihn keiner solchen Niederträchtigkeit fähig halten, die auch mit dem erst geleisteten
Werke der Barmherzigkeit schlecht stimmen würde. Es wird daher auch nichts mit dem Entweichen
Brouwers aus dem Hause seines Meisters sein. Wohl aber ist es als wahr anzunehmen, daß er
sich nach einander zu Amsterdam, Antwerpen und Paris aufgehalten. Er soll natürlich sehr wüst
gelebt und das reichlich erworbene Geld schnöde vergeudet haben. Und bei ihm ist vielleicht
wirklich einmal etwas Wahres an dieser stehenden Phrase unserer sauberen Biographen; denn er
bewegt sich in seinen Bildern mit solcher Ausschließlichkeit und mit solchem Behagen in der tollsten
Kneipenlust, daß etwas Lebensgewohnheit dahinter zu sein scheint; und er endete sehr jung. Er soll,
im Spital zu Antwerpen 1640 gestorben sein, und Rubens soll sich seiner noch nach dem Tode
angenommen haben, indem er für eine anständige Beisetzung und ein Grabdenkmal Sorge trug. Diese
an sich unwahrscheinliche Sage — Rubens starb schon im Mai 1640 — würde gänzlich hinfällig
sein, wenn es sicher nachgewiesen wäre, daß der Adriaen Brouwer, für den unterm 31. März 1640
in der großen Kirche zu Haerlem ein Grab geöffnet wurde, mit unserem Künstler identisch ist, was
vorläufig wenigstens die Wahrscheinlichkeit für sich hat. Demnach wäre Brouwer in seiner Vater-
stadt und anscheinend nicht in den schlechtesten Verhältnissen gestorben, denn die Glocken läuteten
eine halbe Stunde während seiner Beisetzung, wofür acht Gulden bezahlt wurden.
Brouwer übertrug die Kunstweise des Frans Hals auf die Darstellung der Bauernwelt, und
ging mit aller Energie in die individuelle Charakteristik ihrer Typen ein. Nach dieser Richtung
Hat er — als ächtester und congenialster Nachfolger seines großen Meisters — im kleinsten Rah-
men Großartiges geleistet. Niemand hat das Wesen des Hals tiefer verstanden und voll-
ständiger verarbeitet als er. Seine wesentlichste Eigenschaft nächst der naiven und flotten Charak-
teristik ist seine bildmäßige Auffassung. Selbst die einfachste Kopfstudie wird bei ihm zum Genre-
bilde; und mit unverwüstlicher, ausgelassener Laune streut er seine freien, geistreichen Bildungen
hin. In seiner Weise ist ihm kein zweiter Meister an die Seite zu setzen, und in seiner erstaun-
lichen Technik kommt ihm auch Keiner gleich. Fast skizzenhaft, mit der leichtesten tuschenden Pinsel-
führung sind Formen und Farben mit unfehlbarer Sicherheit und sprudelnder Leichtigkeit vorgetragen;
und er hat sich eine emiuent malerische Farbenscala und ein höchst feines Helldunkel gebildet.
Rubens und Rembrandt, die beiden Größten des Jahrhunderts, schätzten Brouwer hoch. Jener
besaß in seiner Sammlung siebzehn Gemälde von seiner Hand; in Rembrandt's Versteigerungskatalog
werden sieben Bilder und eine Mappe mit Zeichnungen von ihm aufgeführt. — Freilich schön — im
gewöhnlichen Verstände — sind seine Bilder, seine Gestalten nicht; aber charakteristisch, geistvoll
und malerisch in außerordentlichem Maße.
Seine Bilder sind selten, und der Bestand ist noch nicht genügend gesichtet. Die meisten
(nämlich neun) und zugleich die ausgesührtesteu Bilder seiner Hand besitzt die Pinakothek.