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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Bearb.]; Meyer, Bruno [Bearb.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0087
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50 Deutschland.»: Kunkschätze.
wo ein Leydener Schneider sich betrügerisch zum König des Neuen Zions von Münster machen
konnte. Die Demokraten sollen nieder, die unsere Oranier nicht gelten lassen wollen!"
„Hurrah !" riefen die Studenten.
„Die Gilden sollen im guten Holland keine Cromwellsche Wirthschaft errichten, sonst wollen
wir ihnen den Weg zeigen !"
„Wartet nur noch eine Minute, Prahlhänse und wir werden Euch zeigen, die Nasen in die
Bücher zu stecken ;" rief eine rauhe Stimme.
„Gut! Aus diesen Büchern haben wir gelernt, wie richtig zu remonstriren und zu contrare-
monstriren ist! Wir haben den richtigen Glauben, aber die Gilden sind schändliche Arminianer,
Katzen, welche die Beschlüsse der Dordrechter Synode verwerfen und den Glauben der englischen
Königsmörder vertheidigen ... Und dort steht das Haupt der Arminianer, Rector Boddema! Der
Alliirte Cromwell's! Er ist unverbesserlich! Drum an's Werk, ihr Brüder!"
Die Studenten hatten sich wohl mit Munition versehen, denn ein anhaltender Steinhagel
richtete sich gegen die Fenster der Wohnung des Rectors, die plötzlich finster wurden. Die Studen-
ten stimmten einen Canon nach Leoninischer Weise feierlich an:
„Kac sunt in k0888, Loäclemae venerudili8 088N !"
Mitten in das Singen und Fensterklingen knallte ein schwerer Büchsenschuß, von einem Schrei
aus vielen hundert Kehlen begrüßt. Im Nu löschten die Studenten ihre Fackeln, wickelten die
Mäntel um den linken Arm als eine Art von Schild und stürzten sich auf die Tuchmacher, die als
die Hitzigsten Anti-Oranier unter Trommelschlag und Pfeifenklang auf den Platz rückten. Im
nächsten Moment war allgemeines Gefecht auf dem Markt und bis in die anstoßenden Straßen
hinein im Schwünge.
Mr. Smith, welcher von dem Stande der Streitfrage unterrichtet worden war, sagte zu seinem
Landsmanne:
„Mr. Jron, da man hier sehr schlecht auf den Lord Protector von England zu sprechen ist, so
glaube ich, daß es für mich nicht besonders gerathen ist, in mein Gasthaus zum „Gewürznägelein-
Baum" jetzt zurückzukehren. Habt Ihr eine Privatwohnung und könnt Ihr mich und und meinen
Diener einige Tage beherbergen ?"
„O ja; aber ich kann nicht dafür stehen, welche Leute mich besuchen werden", sagte Jron.
„Ihr seid gewiß kein Freund Frankreichs, der Franzosen und vor Allem, was mit Karl Stuart, dem
Prinzen, zusammenhängt?"
„Ich? Nun ich sage Euch, daß ich Arme und Beine gerührt habe, um den Leuten das Leben
schwer zu machen ... Wenn Leute dieses Gelichters Euch besuchen, so seid Ihr doch einer unserer
Cavaliere !"
„Möglich, daß ich's gewesen bin — heute bin ich nur noch ein harmloser Künstler! Kommt
mit mir; Ihr werdet wie ein Spartaner mit mir zu Nacht essen!
Beide durchstrichen ein Gäßchen nach dem andern, kamen über eine Menge von kleinen Brücken,
schlugen sich durch Schlupfgäßchen und gelangten schließlich in ein Gärtchen, wo ein kleines Haus
sich befand.
Ein Mann in den fünfziger Jahren, mit großem Schnurrbart und Spitzbart und kahlem
Scheitel ließ die beiden Engländer ein, kriegerische Gestalten nach Miene und Haltung. Der
 
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