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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 4) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62337#0264
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Fra Bartolommeo.
Bartolommeo Pagholo del Fattorino lautet der eigentliche Name des Künstlers, der,
wegen seines spätern klösterlichen Wandels^, als Fra Bartolommeo bekannt ist. Er war höchst-
wahrscheinlich in dem kleinen Orte Suffignano bei Florenz um 1474 oder 1475 geboren.
Sein Vater, ein Maulthiertreiber, ließ sich 1478 in Florenz nieder. Nach der in der Nähe des
Thores gelegenen Wohnung seiner Eltern wurde der Sohn, mit Abkürzung seines Vornamens,
gewöhnlich Baccio della Porta genannt. Durch den Einfluß des berühmten Kunstschreiners
und Architekten Benedetto de Majano wurde er früh zum Maler bestimmt und zu Cosimo
Roselli in die Lehre gethan. Dieser, ein Nachfolger des Fra Angelico de Fiesole, war kein
Meister ersten Ranges, aber ein solider und erprobter Künstler. Zu einem gleichaltrigen Mit-
schüler, Mariotto Albertinelli, trat der junge Baccio außervem in ein inniges Freundschafts-
verhältniß, das sie zeitlebens verband. Für Beide, und namentlich für Baccio, wurde aber in der
Folge besonders das Studium von Lionardo's Werken bestimmend. Baccio war der selbständiger
Begabte. Bald galt er nicht allein für einen der besten junger Künstler, sondern er war, wie
Vasari berichtet: „in Florenz beliebt wegen seiner trefflichen Eigenschaften; fleißig bei der Arbeit,
ruhig, gutgesittet, gottesfürchtig, liebte er ein friedliches Leben, mied schlechte Gesellschaft, hörte
gern die Predigten und suchte immer den Umgang gelehrter und ernster Leute."
Obwohl beide junge Freunde eine gemeinsame Werkstatt hielten, trennten sich ihre Wege.
Während Mariotto in dem Garten der Medici nach der Antike studirte, schloß sich Bartolommeo
eng an den Bußprediger Savonarola an, der damals in Florenz eine hinreißende Wir-
kung übte. Er malte ein sehr lebendiges Bildniß des berühmten Mönches, das sich Heut ' im
Privatbesitz zu Florenz befindet. Dann ließ er sich von dem Eiferer bestimmen, alle seine Studien
nach dem nackten Modell jenem Scheiterhaufen preiszugeben, welcher in den Fastnachttagen allen Putz
und Tand, alle Werkzeuge irdischer Eitelkeit verzehrte. Als die Katastrophe über Savonarola herein-
brach, und die Gegner am 23. Mai 1498 das Kloster San Marco erstürmten, befand sich Bartolommeo
in dessen Mauern und gelobte in diesen Stunden der Aufregung, in den Dominicanerorden zu treten.
Ehe er diesem Gelübde nachkam, vollendete er noch das Bild des Jüngsten Gerichts im
Kreuzgang von Santa Maria Nuova, das von Gerozzo Dini bei ihm bestellt worden war. Der
Schmerz um das tragische Ende des Mannes, der so mächtig in sein Leben eingegriffen, ließ ihm
doch noch die Freiheit des Geistes, um ein Werk hervorzubringen, das ihn auf einmal den besten
Zeitgenossen gleichstellte. Heut' ist es nur eine halbunkenntliche Ruine, aber noch immer verkündet
die obere Gruppe, daß hier der Ursprung jenes Stils zu suchen ist, der später in der Glorie von
Raphael's Wandbild der Disputa im Vatican seinen Triumph feiert. Dann ließ er sich am 26.
Juli 1500 in den Orden ausnehmen. In Prato machte er sein Noviziat durch, später wurde er
in das Kloster San Marco zu Florenz gesandt, wo er bald zu der Kuuft zurückkehrte. Er stand
der Malerwerkstätte vor, die für die Rechnung des Klosters thätig war, und arbeitete mehrere
Jahre auch hier gemeinschaftlich mit Mariotto. Der Enthusiasmus jener Tage, in welchen Lio-
nardo den Carton der Reiterschlacht beendigte und Michelangelo mit seinen ersten bahnbrechenden
Werken austrat, drang bis in seine Zelle, und als dann der junge Raphael nach Florenz
kam, entspann sich zwischen ihm und Fra Bartolommeo ein naher Verkehr, der für Beide von
großer künstlerischer Bedeutung war. In einem Nebenhof des Klosters schmückte Fra Barto-
 
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