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Die Kunst des Altertums.

Architektur.
Auch die Architektur
mußte gleichsam von vorn
beginnen. In den meisten
griechischen Staaten war
von den zu Macht er-
starkten Adelsfamilien das
Königtum gestürzt worden.
An Stelle der glänzen-
den mykenischen Herren-
sitze traten einfachere Bau-
werke aus Lehm und Holz.
So waren auch die ältesten
Kapellen gebaut, in denen
die Göttersvmbole — ur-
sprünglich Fetische aus
Stein oder Holz, dann
rohe Bildwerke — Auf-
stellung fanden. Das
iron (s. S. 22), das an
einer Schmalseite auf Säulen einen Vorraum hatte. Auch eine Tempelform, bei der der
Jnnenraum durch eine Säulenstellung geteilt wurde, kommt vor und hat sich bis ins
6. Jahrhundert erhalten. Aber erst als man das ganze Gebäude mit einer ringsum laufen-
den Säulenhalle umgab, war die entscheidende Form für den griechischen Tempel gefunden.
Zum Schutze der hölzernen Bauteile gegen die Witterung verwandte man Tonplatten, und
allmählich begann man schadhaft gewordene Holzfäulen durch steinerne zu ersetzen. Zu Ende
des 7. Jahrhunderts scheint der Übergang vom Holzbau zum Steinbau vollzogen zu werden.
Der griechische Tempel (Abb. 102) zerfällt gewöhnlich in drei Teile: in den Jnnen-
raum, die Cella (Naos, eigentlich Wohnhaus) zur Aufnahme des Götterbildes, in eine
offene Vorzelle (Prodomos, Pronaos) im Osten und in die Hinterzelle (Opisthodomos) im
Westen. In großen Tempeln wird die Cella durch Säulenstellungen meist in drei Schiffe
geteilt (Textabb. 24). Ein Säulengang (Peristasis) umzieht das Ganze, und darüber spannt
sich ein gemeinsames Satteldach. Die offene Vor- und Hinterzelle wird bald von den vor-
tretenden Cellamauern und dazwischentretenden Säulen (Antentempel) gebildet (antae heißen
die Stirnseiten der Cellamauern), bald ruht eine der Zellen (Prostylos) oder ruhen beide
(Amphiprostylos) auf Säulen (Abb. 109). Umgeben den Tempelkern auf allen vier Seiten
Säulen, dann entsteht der Peripteros, die vollendetste Form des griechischen Tempels


(Abb. 102). Der Dipteros mit


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24. Apollotempcl mit dreisckiffiger Aelle
in Selinunt. 50 zu IIOm.

doppeltem Säulenumgang und der Pseudvdipteros, bei
dem die innere Säulenreihe des Dipteros fortgelaffen
ist, sind späte Formen. Der Maßstab der Tempel wech-
selt mit jedem Bauwerk, als Maßeinheit gilt der halbe
untere Säulendurchmeffer (Modulus, Abb. 90). Ihre
Beleuchtung erhielten die Tempel durch die Tür. Die
Decken der kleineren griechischen Tempel späterer Zeit
waren aus steinernen Tafeln (Kalymmatien) gebildet,
die auf Steinbalken ruhten. Bei größeren Tempeln
wandte man Holz an (Kassettendecke). Anstatt des ein-
 
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