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5. Die Kunst der Griechen.

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fachen Bodenbelags mit Stein- oder Marmorplatten traten in späterer Zeit reiche, aus
einzelnen Steinstiften hergestellte Muster (Mosaik).
Nach den verschiedenen Formen der Tempelarchitcktur, speziell nach den unterscheiden-
den Merkmalen der Säulenbildungen teilt man die Tempel ein in solche dorischer,
ionischer und korinthischer Ordnung. Die mannigfachen Bauten, die mehr oder weniger
eng mit den Tempeln in Verbindung standen, wie die Schatzhäuser oder Theater und alle
anderen öffentlichen Gebäude sind in denselben Stilformen gebaut wie die Tempel. Die
Schaubühne, das Theater, besteht aus dem kreisrunden Tanz- und Spielplatz (Orchestra)
mit dem Altar in der Mitte, aus dem im Bogen stufenweise aufstcigendcn Zuschanerraum
und der abschließenden Bühne (Skene) mit einem erhöhten Vorbau (Proskenion, Abb. 115 a, b).
Die Säulenhalle (Stoa) findet vielfache Anwendung in den Anlagen für den Marktverkehr
(Agora), zur Unterhaltung (Lesche), zur Erziehung (Gymnasien mit Ringschulen, Palästren
und Baderänmen) und für die Versammlung des Nates (Buleuterion). Eine dreischiffige
Hallenform hieß Basilika, weil sie dem obersten Gerichtsherrn (arckon baaileus) diente.
Für die Festspiele baute man Stadien, lange rechteckige Plätze mit amphitheatralisch ange-
legten Zuschauersitzen, und für die Wagenkämpfe Hippodrome. Das Stadion von Olympia
maß 32 zu 214 m. Die Privatarchitektur war noch in periklcischcr Zeit sehr eiufach.
Das von außen fast fensterlose einfache Bürgerhaus gruppierte seine Räume um einen
mittleren Hof. Erst in hellenistischer Zeit in den zu großem Wohlstand entwickelten Städten
der griechischen Kolonien, besonders Kleinasiens, wird auch im öffentlichen und im privaten
Profanbau größerer Aufwand getrieben.
Der dorische Stil.
Unmittelbar auf der obersten Stufe eines mächtigen, meist dreistufig ansteigenden Unter-
baues (Stylobat) ragt die dorische Säule ohne Fuß auf. Ihr kurzer, gedrungener Stamm
(Abb. 90a, b; 101) ist aus Trommeln gebildet, im Anfsteigen nimmt er an Umfang er-
heblich ab. Diese „Verjüngung" erfolgt nie in mathematisch gerader Linie, sondern mit
einer leichten Schwellung (Entasis) zur Mitte der Säule, die den Eindruck lebendiger
Kraftleistung verstärkt, ohne das Gefühl der Schwere, die für die dorische Ordnung
charakeristisch ist, zu vermindern. Ähnliche Kunstgriffe werden in leichten Abweichungen
von der Geraden (Kurvaturen) bei der Säulenstellung und im Zuge der Horizontalen be-
obachtet. Der Eindruck der aufstrebenden Bewegung der Säule wird erhöht durch die
flachen Furchen (Kanneluren), welche in scharfen Kanten aufeinanderstoßen (Abb. 93). Der
Säulenhals (Hypotrachelion) beginnt über einem Einschnitt; mehrere Riemchen fassen die
Kraft des Stammes energisch zusammen. Darüber befindet sich das Kapitell, bestehend
aus dem runden kissenartigen Echinus (eigentlich Seeigel, an dessen Hülle die wulstige
Form erinnert). Die mehr oder weniger starke Ausbauchung des Echinus, der ein Vorbild
in der mykenischen Säule findet (Abb. 66, 68 b), ist ein Gradmesser für die Energie des
Stützens und gestattet die Zeitbestimmung der Bauten. Je gedrungener die Säule, je flacher
der Echinus unter der abschließenden viereckigen Deckplatte (Abacus), desto älter der Bau
(Abb. 90 a, b). Der Ausgleich zwischen Stütze und Last findet somit im Kapitell seinen
Ausdruck. Die Bedeutung der einzelnen Glieder, die diesen Ausgleich bewirken, wird durch
farbig aufgetragene Ornamente erhöht. Der Echinus erhält gewöhnlich einen Kranz von
Blättern, die, um das Belastetsein anzudeuten, vornüber fallen. Den Abacus schmückt der
bandartige Mäander. Beide Zierglieder haben in den technischen Künsten (Weberei,
Töpferei) sowohl wie in der Architektur vielfache Anwendung und weitere Entwickelung
erfahren. Wo immer es gilt, die Begegnung von Last und Stütze durch das Ornament
 
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