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26

Die Kunst des Altertums.


25. Der mittlere Burgtempel mit geknicktem Giebel
in Selinunt.

anschaulich zu machen, wird der Blätter-
schmuck, die Blattwclle (das Kyma) zur An-
wendung gebracht, und man unterscheidet
nach der Art der Profilbildung die herz-
förmige Welle (lesbisches Kvmation) von der
eiförmigen (ionisches Kymation, Abb. 96,97).
Sollen hingegen durchlaufende Baugliede-
rungcn durch die Bemalung hervorgehobcn
werden, dann tritt ein Bandornamcnt, der
Mäander, als abschließender Saum oder
vermittelndes Band in sein Recht.
Auf dem Abacus der Säule ruht das
Gebälk, es erscheint als eine Fortbildung
des mnkenischen Holzgebälkes. Die Säulen

Verbinder miteinander der aus mächtigen Steinblöcken zu einem Balken gefügte Architrav
(das Epistylion, Abb. 91 a); er bildet die Grundlage zum Dachbauc, und auf ihm zieht sich
der Fries (c) hin. Dieser ragt mir einer schmalen Platte über dem Architrav vor und zeigt
zwei miteinander abwechselnde Glieder, die.Triglyphe und die Metope. Die Triglyphe (Drei-
schlitz), aus einem pfeilcrartigen, mit prismatisch vertieften Schlitzen oder Kanälen versehenen
Steinblock bestehend, setzt die durch den horizontalen Architrav unterbrochene Bewegung nach
oben fort. Unterhalb der Triglyphe befindet sich eine schmale Leiste (reZuIa, b) mit kleinen
tropfenförmigen oder nagelkopfartigen Körperchen. Die Platten zwischen den Triglvphen, die
Mctopen, (so genannt, weil zwischen den beim Mauern für die Deckbalken freigelafsencn
Öffnungen), erhalten meist figürlichen Schmuck (Abb. 151, 185, 218, 219). Über dem Friese
springt das überhängende Kranzgesims (Geison, cl) vor, seine unterschnittene Fläche zeigt ähn-
lich wie bei den Triglyphen an einem viereckigen Plättchen drei Reihen Tropfen. Jeder Metope
und jedem Triglyph entspricht ein Plättchen, so daß sechs Säulen der Stirnseite 11 Triglyphen
und 21 Hängeplatten entsprechen. Alle diese Gliederungen finden in dem Holzbau der
Vorzeit ihre Erklärung und dienen am Steinbau nicht mehr konstruktiven, sondern deko-
rativen Bedürfnissen. Eine Rinnleiste (Sima, e) schließt das Gebälke nach oben ab und

bildet den Dachrand. Ein Satteldach deckt den Bau und gibt an beiden Enden einem Giebel

(Tympanon, eigentlich Trommelfell) Raum, der gewöhnlich plastischen Schmuck erhält. Die
Spitze und die Ecken des Giebels erhalten mannigfache Bekrönungen, z. B. Figuren auf

der Spitze, und Stirnziegel (Akrotericn) .an den Ecken. Derartige Zierglieder mit Palmetten

26. Äolisches Kapitell von
Neandrcia. (Koldcwey.)


und Ranken schmücken auch den Dachfirst und dienen gewöhnlich
einfachen Grabsteinen (Stelen, Abb. 224) zum Abschluß. In
der Frühzeit des Stiles, als das Gebälke und Dach aus Holz
bestand, wurde es ebenso wie das Dach mit Platten aus ge-
branntem Ton (Terrakotta) oder aus Marmor verkleidet. Diese
Art der Verschalung blieb auch noch zu einer Zeit üblich, als
schon Steinbalken das frühere Holzgebälke ersetzt hatten.
Trotz der strengen Verhältnisse aller einzelnen Bauteile zu-
einander und zum Ganzen, zeigt doch der dorische Stil große
Verschiedenheiten; man vergleiche einen altertümlich gedrungenen
Bau wie den sechssäuligen Tempel mit geknicktem hohem Giebel
in Pästum (Textabb. 25) mit dem leichteren Parthenon (Abb. 101),
dem edelsten Bau dorischen Stils. Im allgemeinen erstreben die
 
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