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7. Malerei und Kunsthandwcrk der Antike.

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77. Hypnos und Thanatos bestatten eine junge Frau. Lckythos in Athen.

sind nur wenige vollständig erhaltene Beispiele ans uns gekommen. Aber selbst die Bruch-
stücke solcher Mobilien lassen in der Schnitzerei, in der Drechslerei, im gravierten Furnier,
in der in Holz oder Dein eingelegten Arbeit, im Beschlagwcrk mit metallischem Zierat eine
nicht zu überbietende Meisterschaft schätzen. Unter den verschiedenen Stuhlformen (Abb. 154,
159, 222) ist eine (Abb. 224), bei der die Biegung der Rücklehne und die Schweifung der
Beine durch Dämpfen des Holzes erreicht worden ist. Sehr häufig laufen die Stützen der
Möbel und Geräte in Tierfüße aus (Abb. 327, 328). An die Schönheit des Kleingeräts,
wie der Klappspiegel, die aus zwei durch ein Scharnier verbundene Deckel bestehen, die
mit feinen Gravierungen und außen auch mit Reliefs geziert sind, wie der von zierlichen
Figuren getragenen Standspiegel aus Bronze, an die Lampen ans Erz und Ton kann
hier nur erinnert werden.
Die Ornamentik erfährt fortwährend Bereicherungen durch naturalistische Motive, die
mit sicherem Stilgefühl verarbeitet werden. Der vorbildliche Wert des antiken Kunstgcwcrbes
liegt aber in der Auffassung der Form als eines organischen Gebildes, in der Durch-
geistigung des Stoffes nach Ge-
setzen, die eine durchsichtig klare
und maßvolle, daher „klassische"
Gestaltung verbürgen. Zu diesem
international wirksamen Ge-
schmack gesellt sich der Reiz der
persönlichen Handarbeit — einen
Massenbetrieb ohne „Qualität"
kannte das Altertum nicht.
Das zeigt vor allem auch
dasjenige Kunstgewcrbe, das uns
die meisten Waren hinterlassen
hat: die antike Keramik. Der
geometrische Stil in der Bema-
lung der Töpfereien (s. S. 23),
der sich aus dem erstarrten spät-
minoischen Stil unter dem Einfluß der aus dem Norden in Griechenland eingedrungencn
Völker entwickelt hatte, zeigte formelhaft und eckig silhouettierte Figuren von Mensch und Tier
in Mustern und Reihungen, die an die Weise der textilen Kunst erinnern. Aus der Durch-
dringung dieses primitiven Stils, der in den sog. Dipylonvascn (Textabb. 23) gipfelt, mit
orientalischen Einflüssen entstehen mannigfache örtliche Besonderheiten (z. B. die korinthischen
Vasen) und entwickelt sich der schwarzfigurige Stil archaischer Zeit. Diese Kunst, die durch
die sog. Fran^oisvase (Abb. 318) vorzüglich gekennzeichnet wird, geht weit hinaus über die
orientalische oder ägyptische Keramik und führt, noch in archaischer Zeit, zum rotfigurigen
Stil. Ans der schwarz gefirnißten Umgebung erscheinen die Figuren im Umriß und erhalten
durch Jnnenzeichnung größeres Leben. In Athen gelangt die Fignrcnmalerei auf schwarzem
Grunde während des 5. Jahrhunderts zu höchster Vollkommenheit. Auch der Bau der Gefäße
ist ebenso zweckmäßig wie gefällig, ihr Dekor der Form angemessen und so frei, als es die
durch künstlerischen Takt und Überlegung gezügelte Phantasie gestattet. Kein Wunder, daß
die Töpfer und Maler ihre Firmenmarke auf den Gefäßen anbrachten und gelegentlich auch
ihre Vasen mit ihrem Namen bezeichneten. Wie man sie schätzte, kann der Blick in eine
Töpferwerkstatt lehren (Textabb. 22), in der Athena mit zwei Siegesgöttinnen eingetreten ist,
um Meister und Gesellen zu bekränzen! Einer der Hanptmeister war Euphronios (Abb. 324),
 
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