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7. Malerei und Kunsthandwerk der Antike.

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große Rosetten mit Hängegliedern erinnern noch an orientalische Gewohnheiten. Allmählich
paßte sich der Schmuck wie das Gewand immer mehr dem Körper an, um seine Schönheit
zn heben. So wurden im Mutterlande leichte Formen mit Filigran in feinster Arbeit
beliebt, aber der Glanz kostbarer Steine oder des Bernsteins und farbiger Glasflüsse in
der klassischen Periode vermieden. Die Überfülle von Geschmeide ist barbarische Gewohnheit.
Dem Geschmack der Barbaren trugen die ionischen Goldschmiede Rechnung, wenn sic für die
prnnksüchtigen Skythenfürstcn überreichen Goldschmuck anfertigtcn. Das getriebene Gold-
medaillon (Abb. 200) bildet das Ansatzstück zu einem üppigen Ohrgehänge des 4. Jahr-
hunderts, das in der Krim gefunden worden ist. Nicht nur die Fürsten trugen auf der
Kleidung und dem Köcher goldene Beschläge und hatten aus Gold geschnittenes Geräte
(Abb. 326) und große silberne Prnnkvasen (Abb. 316), auch die Pferde wurden auf das
reichste mit Goldplattcn aufgezäunt. Die frühen Werke der Art reichen bis ins 5. Jahr-
hundert v. Ehr. zurück (Fund von Vettcrsfelde in Berlin), die besten sind aus dem 4. Jahrh.
Werke der Art dienten den Barbaren selbst als Vorbilder und gingen vergröbert und verändert
in den Formenschatz der Volksstämme über, die die Völkerwanderung hcrbeigeführt haben.
Die Schätze, die bei Bosco Reale in einem Weinkeller neben dem Skelett des Be-
sitzers gefunden worden sind, enthielten sowohl hellenistische wie römische Waren in ge-
triebener und ziselierter Arbeit. Darunter befand sich die Kanne mit einer Nike, die einen
Stier opfert (Abb. 330). Der in Hildesheim gefundene Silbcrschatz, jetzt in Berlin, und
der Schatz von Bernay in der Pariser Nationalbibliothck sind ebenfalls hellenistische und
römische Arbeiten. In diesen und ähnlichen Funden herrscht ein international gewordener
Geschmack, der örtliche Besonderheiten nicht mehr aufkommen läßt. Die Römer, deren
Schmuck aus der etrurischen Weise hervorging, haben seit der Kaiserzeit von den britischen
Inseln bis Mesopotamien, vom Rhein bis nach Nordafrika ihren Geschmack verbreitet.
Die Steinschneidckunst (Glyptik) ist im Altertum bis zum Ende der hellenistisch-
römischen Kunst mit großer Meisterschaft geübt worden. Man spricht von Jntaglien, wenn
es sich nm in den Stein vertieft cingegrabenc Bilder handelt, und von Kameen, wenn er-
haben geschnittene Arbeit vorliegt. Jene dienten als Siegel, diese als Schmuckstücke. In
hellenistisch-römischer Zeit waren Kameen aus weiß und rot gestreiftem Sardonyx (Abb. 291)
beliebt, und ähnlich wie diese Schmuckstücke wurden Schalen ans Onyx geschnitten (Abb. 329).
Reicht die Steinschncideknnst bis in die ägäische Frühzeit zurück, so beginnt die Münz-
prägung erst im 7. Jahrh. v. Ehr., zuerst in Kleinasien, und wird mit größter künst-
lerischer Meisterschaft in Sizilien während des 5. Jahrh. geübt (Abb. 167, 169, 184, 198).
Die athenischen (Abb. 173, 174) und die anderen Münzen des griechischen Mutterlandes
(Abb. 201, 202, 2l0, 226) können den Vergleich mit den Münzen Großgriechenlands nicht
aushalten. Der im Kleinen große Stil dieser Meisterwerke ist nicht übertroffen worden,
wie schön auch uoch die hellenistischen Münzen (Abb. 246—248, 255, 256) erscheine». Für
die künstlerische Wirkung war die Dicke der antiken Münzen ein Vorteil, denn sie ge-
stattete ein stärkeres Relief. Aber abgesehen davon, ist der Geschmack der Anordnung von
Bild und Schrift bewundernswert. Auch die griechischen und römischen Münzen sind zu
den Barbaren gewandert, wie weit aber die Versuche, sic nachznahmcn, gescheitert sind, das
können skythische, keltische und skandinavische Nachbildungen (Abb. 389e) lehren.
Die Tcxtilkunst war frühzeitig entwickelt. Wenn auch die Seidcnzucht — die in
Cbina ursprünglich war — erst im 6. nachchristlichen Jahrhundert in das Mittelmeergcbict
eindrang, so ist doch der Import chinesischer Seidengespinste in hellenistischer Zeit bezeugt.
Seit dem 4. Jahrhundert v. Ehr. nahm die Seidenweberei in Syrien, Ägypten, dann in
Konstantinopel einen hohen Aufschwung.
 
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