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Grimm, Herman; Grimm, Herman [Editor]
Fragmente (Band 1,1) — Berlin, Stuttgart: Spemann, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.47241#0215
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191

Rede anzuführen. In weiser Auswahl werden die inhaltvollen
Worte Derer herausgesucht, die wir aus ihren eigenen Wor-
ten am besten verstehen. Die richtige Art, mit Citaten zu
operiren, ist schwer zu erlernen. Julian Schmidt übt sie als
Meister. Seine Darstellung gewinnt dadurch oft dramatisches
Interesse. Im besten Momente läßt er Den, dessen Leben er
behandelt, persönlich die Stimme erheben. Er selbst tritt zu-
rück, und wir in directen Verkehr mit dem Manne. Stellen
der Werke, der Briefe und andere Aeußerungen selbstbeken-
neuder Art führen uns in dessen immittelbare Nähe. Wir
leben heute in der Periode der Goethe-Biographien: betrachte
man die Friederike von Sesenheim gewidmeten Seiten: in
wie schriftstellerisch höchst wirksamer Weise Friederikens Ge-
stalt uns da nahe gebracht wird! Schmidt weiß, was der
gebildete Leser verlangt, und liefert es ihm. Es wird von der
heute herrschenden historischen Schule so viel über Ranke ge-
stritten; man lese, was in Julian Schmidt's fünftem Baude
Seite 306—313 über Ranke gesagt wird. Und man nehme
gleich hinzu, was vorher und nachher über die gleichzeitigen
Historiker gesagt wird. Es ist auf Heinrich Leo neuerdings
wieder hingewiesen worden, dessen Schriften wenig gekannt
und in Form und in Inhalt doch gleich ausgezeichnet sind.
Werke, denen für grundlegende erste Bekanntschaft mit ge-
wissen Menschheitsbewegungen lebendigere Kenntnis; zu ent-
nehmen ist als denen Ranke's. Man lese, was Schmidt auch
über Leo schreibt. Er urtheilte über diese Schriften später
als sie erschienen, und dämpfte das ursprünglich vielleicht
lebhaftere Urtheil.
Wie Treitschke kam Julian Schmidt zu Gute, daß er
sich zu allen Zeiten an ein unmittelbar empfangendes Publicum
 
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