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Welt als Teufelswerk, obgleich es auch zumeist unschädlich
war, Faust aber sein Wissen nicht aus göttlicher Erleuchtung,
sondern aus der Mitwirkung des Bösen zog. Daß es Leute
gab, die durch gewisse Spruchformen, durch Tränke auf die
Menschen Einfluß gewinnen konnten, leugneten die Zeit-
genossen nicht, billigten sie sogar, wenn es nur gütige
Worte und Tränke waren, wie jene, die durch eine zu ver-
schluckende Rosine von todbringender Krankheit heilen,
oder wie die Wünschelruten, mit denen Metalladern auf-
zufinden seien — all das sind geheime Künste, gegen deren
Anwendung Einsprüche nicht erhoben werden konnten, so-
wenig wiegegen die Theurgie, die Kunst, sich Geister dienst-
bar zu machen, sie zu rufen, sie zu gewissen Taten zu zwingen.
Nach ihren Früchten beurteilte man sie. Waren es gute
Geister, die da halfen, war das geheime Wissen christlich zu-
lässig, so mußte es doch von Gott stammen; steckte der Teufel
hinter all dem, so mußte auch der Erfolg entsprechend sein.
Gott gab seinen Fleiligen die Kunst der Wahrsagung, die
Fähigkeit, künftige Dinge zu sehen und zu sagen. Aber die
Orakel der Fleiden, die den wahren Gott nicht kannten und
die sich durch zweideutige Verschmitztheit kennzeichnen,
mußten vom Teufel stammen, gleichviel, ob sie zutrafen oder
nicht. Nun aber traten wieder Schwarmgeister auf, die
Prophezeiungen wie das Kommen des Reiches Christs aus-
sprachen: wer hat sie ihnen eingegeben?

Die Welt war erfüllt von geheimnisvollem Weben, von
innerer Sehnsucht nach Erkenntnis und von starken Wün-
schen im Sinne des ersten Elternpaares, nach Wissen um die
letzten Fragen der Menschheit. Ein halbes Jahrhundert nach
der Zeit, in der Thomas die Flauptschlacht gegen das Hexen-
wesen geschlagen hatte, vertiefte sich der junge Goethe in
die Fragen, die hier behandelt wurden. Er rang sich in seiner
Weise von ihnen frei, indem er ihnen dichterische Gestalt
gab. Sein Leben hindurch beschäftigten ihn die „schwan-
kenden Gestalten, die früh sich einst dem trüben Blick ge-
 
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