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haben mußte, daß es ein Höheres gab als die Stegreifverse
Schönemanns, Königs und der vielen anderen, die damals
dichterische Geschäfte betrieben.

Die Entwicklung schritt rasch fort. Im Streit Gottscheds
mit den Schweizern Bodmer und Breitinger siegten die letz-
teren. Gottsched kämpfte fort bis in die Zeiten des jungen
Goethe, der seinen Besuch bei dem Gewaltigen mit Spott
schildert. König zog sich zurück, als er erkannt hatte, daß
seine Zeit und sein Ziel sich überlebt hatten.

Musik und Oper

Die Musik hatte unter Kurfürst Johann Georg II. eine Heim-
stätte am sächsischen Hof gefunden, seit dieser 1615 Hein-
rich Schütz an seinen Hof berufen hatte. 1585 als Sohn des
Vogtlandes geboren, war Schütz in Venedig durch Gio-
vanni Gabrieli geschult. Dort zum Oberkapellmeister der
kurfürstlichen Kapelle ernannt, ist er als Vorgesetzter der
italienischen Kapellmeister G. A. Bontempi und V. Albrici,
freilich gestört durch den Verfall der Kapelle infolge des
Krieges, 1672 gestorben, zwei Jahre nach Augusts Geburt.
Er brachte die Fortschritte der italienischen Musik nach
Deutschland, blieb aber Deutscher und Protestant nach sei-
nem ganzen Wesen und Schaffen.

Die Kirchenmusik seiner Zeit war noch an das Lied zu eng
gebunden. Es fehlte an der dichterischen Unterlage, am
Madrigal, das die Hauptwucht in die Schlußverse legte, so
der Vertonung den nötigen Aufstieg gewährend. Man hat mit
einem gewissen Staunen festgestellt, daß ein hochgeachteter
Jurist, der Wittenberger Professor Caspar Ziegler, es war,
der den Dichtern 1653 die zierliche Reimverschlingung des
Madrigales empfahl, eineritalienischenDichtform, die freilich
auch vorher in Deutschland nicht unbekannt war. Ziegler
versuchte sich selbst darin. In gewissem Grade erklärt sich
dies daraus, daß er Schützens Schwager war, daß also hier

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