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zeigt“. Er hat sie festgehalten als Künstler. Der Greis fühlte
sich noch jugendlich erschüttert vom Zauberhauch, der
ihren Zug umwittert.

Die Toieranz

Die Lage in Sachsen war schwierig. Man versuchte, soweit
die Gewalt des Staates reichte, die Einheit im Luthertum
durchzuhalten. Kurfürst August I. von Sachsen sah den Zwie-
spalt der Geister in seinen Landen. In überwiegender Menge
hielten die Sachsen fest an Luthers Lehre. Neben dieser be-
stand aber die auf Ausgleich der Meinungsverschiedenheiten
drängende Ansicht Melanchthons. Der Kurfürst wollte hier
Ruhe schaffen, indem er nach langen Verhandlungen mit
den Lutheranern anderer Länder 1577 die Konkordien-
formel, also die Formel der Eintracht, wenigstens unter sei-
nen Glaubensgenossen aufstellen ließ, ohne jedoch mit
dieser überall durchzudringen. Für große Gebiete, nament-
lich aber für seine Lande, schuf er damit ein Gesetzbuch,
auf das er die kursächsische Geistlichkeit verpflichten konnte.
Durch den Übertritt zum Katholizismus hatte August der
Starke dieser beherrschenden persönlichen Stellung zuseinen
Untertanen sich begeben, indem er die feierliche Versiche-
rung veröffentlichte, die Kirche in ihrem Stand und Wesen
erhalten zu wollen. Er setzte einen Oberkirchenrat ein, der
an seiner Statt in Glaubensfragen zu urteilen hatte. Aber auch
in den äußeren Fragen waren ihm die Hände gebunden.
Zu diesen gehörte das Gesetz, das die Anwesenheit Fremd-
gläubiger im Lande regelte, diesen den Grunderwerb und
das Bürgertum versagte.

Leibniz unterschied dreierlei Toleranz: die bürgerliche, das
heißt die Duldung vor dem Gesetz; die kirchliche, das heißt
der Verzicht auf Eingreifen des Staats in den Streit der
Überzeugungen; und die Einigung, die Verschmelzung der
Kirchen, zunächst der lutherischen mit der reformierten.

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