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Abb. 65

Doppelseitiges aufgeschlagenes Druckblatt, dessen
Randentfernungen rings und in der Mitte gleich sind

Abb. 66

Druckblatt gleicher Größe in ausgeglichener Zu»
sammenstellung der Seiten

und bildet einen Schwerpunkt, wie ihn das ästhetische Gefühl wohltuend empfindet.
Abb. 65 und 66 zeigen in zwei Hälften geteilte Flächen, die eine Buchseite darstellen.
In Abb. 65 ist die Entfernung vom Rande auf allen Seiten die gleiche, und das ergibt in der
Mitte eine doppelte Breite, die unerfreulich wirkt. Ändert man das Verhältnis wie auf
Abb. 66, indem man den Schriftblock etwas vom äußeren Rande entfernt und dadurch der
Mitte nähert, so ergibt dies eine gute Raumverteilung, die Auge und Gefühl befriedigt.

Ebenso wie bei den ornamentalen Zeichnungen kommt es bei landschaft»
liehen und figürlichen auf eine gute Raumverteilung an. Wenn Ihr einen Kopf
zeichnet und den so in den Raum setzt wie in Abb. 67, wo etwa ein Drittel leer bleibt,
so macht Ihr Euch einer grimmen Sünde schuldig; denn Euer Kopf scheint wegzu»
rutschen. Man wird immer das Gefühl haben, ihn durch einen kräftigen Stoß von
unten auf den richtigen Platz rücken zu müssen. Sitzt der Kopf aber im oberen Drittel,
wie in Abb. 68, so ist man beruhigt. Frontale Köpfe kann man wie hier direkt in die
Mitte setzen, bei seitlicher Ansicht aber wird es meist besser wirken, wenn er dem
einen Rand etwas näher steht als dem anderen.

Bei einer Landschaft achtet darauf, daß Ihr nie die Horizontlinie in die Mitte legt,
denn zwei gleich große Hälften wirken immer langweilig. Rückt den Horizont etwas
niedriger (Abb. 69), setzt die Erhebungen, hohe Bäume, Tannen usw., seitlich, so habt
Ihr eine Raumaufteilung, die angenehm wirkt. Wenn Ihr in Kunstausstellungen geht
oder, besser noch, in die Museen, so betrachtet die Bilder auch unter dem Ge»
sichtswinkel der Raumverteilung und
versucht. Euch darüber klar zu werden, warum
wohl ein Künstler einen Kopf oder eineFiguren»
gruppe oder eine Landschaft gerade so auf»
gebaut hat und nicht anders. Denkt nicht
etwa, daß Bildkompositionen Zufallsprodukte
eines mehr oder weniger genialen Künstlers
sind. Selbstverständlich ist die Komposition
intuitiv, d. h. der Einfall kommt blitzartig
aus dem Unbewußten, und das hält die erste
,,, Skizze fest. Dann aber kommt ia erst die

Bild mit ZU tief im Rah» eigentliche Arbeit, die gefühlsmäßige, aber vom
men sitzendem Kopf Verstände kontrollierte Aufteilung der Fläche.

Abb. 68

Gute Anordnung
eines Kopfes im Bilde

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