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Schmiedeberg-Blume, Else von [Hrsg.]; Mal- und Zeichen-Unterricht GmbH <Berlin> [Hrsg.]; Meru, Johannes [Mitarb.]
Handbuch und Lehrkursus für die Kunst des Zeichnens und Malens (Band 1): Grundlagen der Technik und Komposition: mit 213 einfarbigen und farbigen Abbildungen — Braunschweig, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.23972#0014
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1. KAPITEL

Der Arbeitsraum

Die allererste Vorbedingung für ein ersprießliches Arbeiten ist ein geeigneter Arbeits*
raum und gutes, zweckentsprechendes Material. Zunächst also gilt es, die Stätte
Eurer Wirksamkeit zu suchen. Es braucht nicht gleich ein Atelier mit riesigen Fenstern,
Oberlicht und Abblendung zu sein. Das sind spätere Sorgen, wenn Ihr so weit seid,
daß Ihr Bilder malt, Modelle stellt und große Kompositionen macht. Wir wollen aber
doch nicht das Pferd beim Schwanz aufzäumen, sondern ganz vernünftig und sach*
gemäß beim Anfang beginnen, und das ist und bleibt in alle Ewigkeit auch fürs Malen
das Zeichnen. Eine gute Zeichnung, die zeichnerische Beherrschung der
Form und Linie ist die absolute Grundlage jeder bildenden Kunst. Nicht nur
der Maler, auch der Bildhauer ebenso wie der Architekt müssen zeichnen können. So
sucht Euch also einen Raum, der gutes, helles, gleichmäßiges Licht hat. Wünschenswert
ist es, wenn das Zimmer, das Ihr für Eure zeichnerischen Studien bestimmt, nach Norden
liegt. Das verbürgt ein gleichmäßiges, nicht vom Wandel des Tagesgestirnes abhängiges
Licht. Weiter müßt Ihr darauf achten, daß Ihr nicht ein Gegenüber bekommt, das, von
der Sonne beschienen, die Augen blendet und störende Reflexe in Euer eigenes Arbeits*
gebiet wirft. Helle Hauswände, neue rote Ziegeldächer sind als grimme Feinde zu
betrachten, wenn irgend angängig, vermeidet es, Euren Arbeitsraum in solche Nachbar*
schaft zu legen. Schön ist es, wenn Euer Haus frei liegt und Ihr auf Himmel, Erde
und Wolken, auf Bäume und Wiesen schauen könnt. Eines solchen Glückes wird sich
aber meist nur der erfreuen, der in einer kleinen Stadt oder einer Vorstadt wohnt. Der
Großstädter muß, auch was den Ausblick aus seinem Fenster angeht, bescheiden sein.
Die Fenster laßt möglichst ohne Vorhänge, die nur den Lichteinfall hemmen. Ist es zu
hell und fühlt das Auge sich geblendet, so nehmt von unten herauf in etwa V2—1 m
Höhe dunkle Kalikovorhänge, richtet sie aber so ein, daß sie an trüben Tagen herab*
gelassen werden können.

Habt Ihr also einen Raum mit gutem Licht gefunden, so beschäftigt Euch zunächst
mit seiner Einrichtung. Wenn Ihr nicht durch die Verhältnisse gezwungen seid, Euer
Zimmer mit anderen Hausgenossen, die anderer Beschäftigung nachgehen, zu teilen,
wenn also die Einrichtung von Euch bestimmt werden kann, dann ist es gut, so wenig
wie irgend möglich in diesem Zimmer zu haben und alles Störende draußen zu lassen.
In einem richtigen Arbeitsraum sollen nur Dinge sein, die in Beziehung zu der zu
leistenden Arbeit stehen. Da ist vor allem der Arbeitstisch, an den Ihr weiter keine
Anforderungen zu stellen braucht, als daß er fest ist und gleichmäßig auf dem Boden
aufsteht; alles Wackeln stört die zeichnende Hand. Den Tisch stellt Ihr am besten so,
daß Ihr das Licht von links bekommt. Niemals darf es von rechts einfallen, da der
Schatten der Hand sonst stört. Habt Ihr gerne sehr helles Licht, also für feine
Zeichnungen, dann stellt den Tisch dem Fenster parallel, damit Eure Arbeit voll be-

Arbeitsraum

Arbeitstisch

Licht

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