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Schmiedeberg-Blume, Else von [Hrsg.]; Mal- und Zeichen-Unterricht GmbH <Berlin> [Hrsg.]; Meru, Johannes [Mitarb.]
Handbuch und Lehrkursus für die Kunst des Zeichnens und Malens (Band 1): Grundlagen der Technik und Komposition: mit 213 einfarbigen und farbigen Abbildungen — Braunschweig, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.23972#0174
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geschlagen, was namentlich auf dem saugenden Kreidegrund meist der Fall ist, d. h.
sind sie stumpf und reizlos geworden, so daß sie nicht mehr im richtigen Verhältnis
zueinander stehen, dann kann man sie mit Malmittel anreiben. Sehr gut ist ein dünner
Überstrich von MussinhMalmittel Nr. 3, rasch trocknend, das langsam trocknende kann
man auch beim Malen zum Verdünnen der Farbe nehmen. Anstatt des Malmittels ist
auch ein dünner Überzug mit Eiweiß zu empfehlen. Das hat den Vorzug, die Farbe
wieder frisch zu machen und eine Isolierschicht zu schaffen, unter der sie in sich volk
kommen trocknen kann. Man rechnet für diesen Prozeß etwa ein Jahr, nach dessem
Ablauf die Bilder mit dem sogenannten Schlußfirnis, mit Mastix oder ähnlichem ge*
firnißt werden können. — Das wäre wohl das Notwendigste, was Ihr wissen müßt,
wenn Ihr Euch mit dem Ölmalen vertraut machen wollt.

Damit hätte ich Euch mit den wesentlichsten Techniken der Zeichen* und Malkunst
und mit ihrer manuellen Anwendung bekannt gemacht. Ich hoffe, mich so klar aus*
gedrückt zu haben, daß Ihr versteht, worauf es jeweilig ankommt, und daß Ihr mit
Mut und Frische Euch an die Arbeit macht. Dazu ein fröhliches »Glückauf!«

11. KAPITEL

Das Stoffgebiet der bildenden Kunst

Die Landschaft

Unbegrenzt sind die Gebiete der künstlerischen Darstellung; alles, was das Auge er*
schaut, der innere Sinn erträumt, läßt sich in Formen bannen, im Bilde zu einem
eigenen Leben erwecken. Begabung und Können sind bestimmend für die Lebens*
fähigkeit und Möglichkeit der sichtbar gemachten Anschauungen und Visionen. Die
kunstgeschichtliche Betrachtung hat zur Scheidung der Stoffgebiete geführt. Es wird
wohl das Häufigste sein, daß jeder Kunstausübende sein Spezialgebiet hat, das ihn am
meisten fesselt und worin er glaubt, Eigenes sagen zu können. Heute haben sich die
Grenzen sehr verwischt, und Betrachtungsweise und Studium führen die Kunstjünger
dazu, auf allen Gebieten sich zu versuchen. Zur Übung des zeichnerischen Sehens, in
der Erziehung für die Richtigkeit der Form ist es ja auch wertvoll, wenn Ihr, liebe
Freunde, bei allem, was es an Erscheinungsformen gibt, versucht, es in irgendeiner
Weise in Euer künstlerisches Betätigungsfeld einzubeziehen.

Die Landschaft ist es wohl, welche die meisten schon früh in die Versuchung Die Landschaft
führt, sich im Nachschaffen von Gesehenem zu versuchen. Ich weiß wenigstens von
mir selber, daß ich schon als recht junges Kind mit einem heimlich erstandenen
Skizzenbuch hinauszog, und mich ganz ernsthaft vor eine schön gewachsene Baumgruppe
setzte mit der Absicht, sie abzuzeichnen. Ich war sehr traurig, als ich die Schwierigkeit
erkannte, Bäume mit Laub und Astwerk zu zeichnen, aber ich ließ mich durch erste
mißglückte Versuche nicht entmutigen und war glücklich, als endlich eine Erscheinung
zuwege kam, die wenigstens in ihrer Gesamtform wie eine Baumgruppe aussah. Von
irgendwelcher Struktur hatte ich noch nichts erfaßt, und mir fehlte jeder Rat, wie
ich es besser machen könnte. Unser Schulunterricht war ein geisttötend schematischer,
und, obwohl ich heimlich mit großer Begeisterung mich an allem Möglichen versuchte,

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