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Schmiedeberg-Blume, Else von [Hrsg.]; Mal- und Zeichen-Unterricht GmbH <Berlin> [Hrsg.]; Meru, Johannes [Mitarb.]
Handbuch und Lehrkursus für die Kunst des Zeichnens und Malens (Band 1): Grundlagen der Technik und Komposition: mit 213 einfarbigen und farbigen Abbildungen — Braunschweig, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.23972#0126
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8. KAPITEL

Die Tuschzeichnung

Mit der Federzeichnung gemeinsam hat die Tuschzeichnung das fließende Mate*
rial, also die Tusche. Nun gibt es aber nicht nur schwarze Tusche, sondern
Tusche wird in allen nur denkbaren Farben, hellen, dunklen, leuchtenden und stumpfen,
hergestellt. Die starkfarbigen verwendet man aber eigentlich nur bei kunstgewerblichen
Arbeiten. Dagegen sind schwarze und braune Tuschen ein sehr angenehmes Mate*
rial für flächige Darstellung. Man benutzt dazu Haarpinsel und nimmt mittelstarke,
und nur für ganz spitze, präzise Zeichnung feine. Um Sicherheit in der Pinselzeichnung
zu bekommen, bedarf es vieler Übung; aber es sind Versuche, die Freude machen,
weil man sehr schnell ein Resultat sieht. Die Japaner, Meister in der Tuschzeichnung,
haben durch jahrhundertealte Tradition diese Technik zu einer solchen Vollkommen*
heit gebracht, daß selbst mittelmäßige Künstler die konventionellen Motive, Zweige,
Blüten, Vögel, Schmetterlinge usw. aus dem Handgelenk zeichnen, ohne jede Vorzeichnung.
Auch Figuren in kompliziertesten Stellungen, angedeutete Landschaft mit dem berühmten
Fujiyama im Hintergründe (er fehlt kaum jemals auf einem japanischen Bilde), werden
mit dem Pinsel heruntergeschrieben. Da der Japaner, wie wir schon gelegentlich seiner
Raumkompositionen sahen, nur Flächenwirkungen
kennt, ohne Licht und Schatten arbeitet, so ist das
Studium japanischer Blätter sehr nützlich, weil es den
Blick für das Wesentliche der äußeren Erscheinung
schärft.

Zunächst versucht Ihr, mit dem Pinsel zu zeich*
nen, wie Ihr es mit der Feder bereits geübt habt,
zeichnet Linien und füllt Flächen, kurz: versucht, mit
dem Pinsel umzugehen, nur so könnt Ihr es lernen.

Selbstverständlich wird es aber Euer Wunsch sein,
wenn Ihr gelernt habt, Flächen gleichmäßig schwarz zu
decken, immer auch locker und frei mit dem Pinsel zu
arbeiten, Tonnuancen zu erzielen und somit Euer malerisches Empfinden zu üben.
Abb. 158 zeigt Euch eine japanische Tuschzeichnung, die eilig dahintrippelnde Geishas
in verschiedenen Ansichten zeigt.

In den beiden nächsten Abb. 159 und 160 seht Ihr erste Versuche in dieser Technik.
Abb. 159 zeigt die primitivste Form einer Landschaft, einen Ausschnitt mit drei
Bäumen. Die Tusche ist breit aus dem Pinsel geflossen, und es entstand ein Stamm; man
nahm den Pinsel etwas spitzer und fügte damit die Äste ein; man drückte den Pinsel
etwas aus und zeichnete den Boden. Die nächste Abb. 160 zeigt nun, wie man mit ein
bißchen Übung schon ein durchgeführteres Landschaftsbild formen kann. Hier ist schon
mit erheblichen Tonunterschieden gearbeitet. Um die zu erzielen, kann man die Tusche
beliebig verdünnen und so hauchfeine Töne erzielen. In die halbfeuchte Fläche setzt

Tuschtechnik

Japanische Pinsel
Zeichnungen

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