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Körper*

Perspektive

Auge und Fläche

Augenhöhe und
Horizont

Augenpunkt

Fluchtpunkt

werden, daß neben der Flächenaufteilung in kubische, geometrische Formen der Rhyth*
mus eine große Rolle spielt. Vielleicht ist es noch mehr der Rhythmus der Farbe
als der der Linie, welcher die modernen Maler beschäftigt, und ich empfehle Euch
sehr, beim Anschauen der Bilder darauf zu achten. Es kann jeder daraus lernen, auch
wenn er sonst ganz anders eingestellt ist.

Ich habe versucht, Euch an der Hand von Abbildungen der Künstler verschiedener
Zeitepochen und Kunstrichtungen einen Begriff zu geben von dem, was man als
Raumeinteilung und Bildkomposition bezeichnet, und ich hoffe, daß Ihr daraus genug
Klarheit gewonnen habt, um nun mit Nutzen selbständig Eure betrachtenden Studien
fortzusetzen. Ihr werdet eine noch viel größere Freude beim eigenen Studium haben,
wenn Ihr ein gewisses inneres Verhältnis zu der bildenden Kunst und zu ihren
Schöpfern bekommen habt.

5. KAPITEL

Perspektive, Schattenkonstruktion undTonwert

Das perspektivische Sehen körperhafter Dinge ist bei den wenigsten Menschen
als elementare Anschauung vorhanden. Für gewöhnlich bleibt die naive Auffassung
in der Fläche befangen, und der Begriff der Raumwirkung muß durch Erziehung zur
Gewöhnung werden. Ihr werdet Euch am leichtesten klar darüber, wie die Einstellung
des Auges zur Fläche deren Erscheinung verändert, wenn Ihr Euch ein kleines Modell
konstruiert, wie Abb. 97 es Euch zeigt. Macht Euch ein kleines Gestell, das aus zwei
Seitenleisten, beide gleich groß, besteht. Man kann sich aus Zigarrenkisten so etwas
aussägen. Da hinein setzt Ihr in gleichen Zwischenräumen sechs gleichmäßig zu*
geschnittene Brettchen. Dieses Modell stellt Ihr erhöht so vor Euch auf, daß das vierte,
also das mittlere, genau in Augenhöhe sich befindet. Ihr werdet dann bemerken, daß
dieses nur als Strich erscheint, und daß die Seitenlinien der Brettchen über der Augen*

höhe fallen, unter derselben steigen.

Augenhöhe und Horizontlinie fallen
zusammen. Stellt Ihr eine Vertikale recht*
winklig zur Horizontallinie, so erhaltet Ihr
einen Schnittpunkt beider Linien in dem
Augenpunkt, der bei allen Konstruktionen
entscheidend für die Orientierung ist. Daß
die Linien der Seitenwände eines Körpers sich
verkürzen, hat Euch Euer Modell gelehrt, eben*
so, daß es einen Punkt auf der Augenhöhe,
der Horizontlinie, gibt, wo alle diese Linien
sich verlängert treffen. Das nennt man den
Fluchtpunkt. Beide Fluchtpunkte stehen
so zueinander, daß sie zum Beschauer
im rechten Winkel stehen.

Wie Ihr die Fluchtpunkte konstruk*
tiv ermittelt, zeigt Euch Abb. 98. Gegeben
ist der Grundriß des unteren Rechtecks A B C E

w-

N

\

\

\

Abb. 97

Perspektivische Verkürzung der Flächen.

Die schwarzen Flächen zeigen Untersicht, die
unteren Aufsicht, in der Mitte fallen beide in
eine Linie zusammen

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