Considerations §ur la nature de l’homme par le corate de Redern. 681
Wenn Wind und Wetter den Fels nicht zum Verwittern brächten,
und kein Erdstoss ihn spaltete oder stürtzte, so könnte er nicht
anders als immer derselbe durch alle Zeitalter stehen.
Anders ist die Verkettung in den organischen Reichen: über-
all ist vorherrschende Aeusserung der Intelligenz als Zweckmäs-
sigkeit, gerichtet auf die Entwickelung der Keime organischer
Wesen und Vermittelung ihrer Verhältnisse zur Aussenwelt. Die
Verbindungen sind nicht mehr wie in der anorganischen Natur,
unmittelbare Construction eines vollendeten Dinges, das so lange
besteht, als äussere Ursachen die Trennung nicht bewirken. For-
men und Arten sind fern von der mathematischen Regelmässigkeit
derselben und schweben zwischen gewissen Gränzen mit grossem
Spielräume. Verbindungen und Trennungen werden von innen
hervorgerufen, als Mittel zu besondern Verrichtungen des orga-
nischen Wesens, dessen Leben und Fortpflanzung auf der Einrich-
tung seines innern Raues und der Anregung seiner eigenen Kräfte
beruhen. Die Bestandtheile werden der anorganischen Natur ent-
nommen; die ihnen eigenthümlichen Gesetze haben keine Gültig-
keit mehr, sie werden nach andern, ihnen fremden Gesetzen ver-
arbeitet und umgestaltet. Der Keim bildet sich im organischen
Wesen selbst; er sondert sich von demselben bei den Pflanzen
und unteren Thierarten nach seiner Vollendung, entwickelt und er-
nährt sich unter gewissen begünstigenden Umständen. Bei den
obern Thierarten und bei den Menschen gedeiht er und entwickelt
sich nur im Leibe der Mutter, die ihn gebähren und ernähren soll
mit Liebe. In hoher und zunehmender Vollkommenheit entfaltet
sich der Organismus in seiner Verbindung mit der Intelligenz,
welcher er zugeordnet erscheint, als Vermittelung aller Wahr-
nehmung und ihres ganzen innern und äussern Handelns und
Wirkens. Die organischen Bildungen sind vergänglich; aufgelö-
set kehren sie zurück zur anorganischen Natur, welcher sie ent-
nommen wurden; sie sind das Wechselnde. Die organischen und
intelligenten Kräfte zeigen sich immer dieselben in ihren verschie-
denen Ordnungen, sie sind das Stehende, das Unveränderliche.
Sie gebrauchen mit oder ohne Freiheit die anorganische Natur,
welche zu Zwecken dient, sich aber nie selbst Zweck ist.
Die menschliche Intelligenz zeigt sich allein der sittlichen
Ordnung angehörig, frei in ihrem Wollen und Handeln, unbe-
gränzt in ihrem Streben. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass un-
term Körper ein Stehendes unterliegt, welches mit der Intelligenz
unzertrennlich verbunden seyn dürfte. Einen schönen Blick ge-
Wenn Wind und Wetter den Fels nicht zum Verwittern brächten,
und kein Erdstoss ihn spaltete oder stürtzte, so könnte er nicht
anders als immer derselbe durch alle Zeitalter stehen.
Anders ist die Verkettung in den organischen Reichen: über-
all ist vorherrschende Aeusserung der Intelligenz als Zweckmäs-
sigkeit, gerichtet auf die Entwickelung der Keime organischer
Wesen und Vermittelung ihrer Verhältnisse zur Aussenwelt. Die
Verbindungen sind nicht mehr wie in der anorganischen Natur,
unmittelbare Construction eines vollendeten Dinges, das so lange
besteht, als äussere Ursachen die Trennung nicht bewirken. For-
men und Arten sind fern von der mathematischen Regelmässigkeit
derselben und schweben zwischen gewissen Gränzen mit grossem
Spielräume. Verbindungen und Trennungen werden von innen
hervorgerufen, als Mittel zu besondern Verrichtungen des orga-
nischen Wesens, dessen Leben und Fortpflanzung auf der Einrich-
tung seines innern Raues und der Anregung seiner eigenen Kräfte
beruhen. Die Bestandtheile werden der anorganischen Natur ent-
nommen; die ihnen eigenthümlichen Gesetze haben keine Gültig-
keit mehr, sie werden nach andern, ihnen fremden Gesetzen ver-
arbeitet und umgestaltet. Der Keim bildet sich im organischen
Wesen selbst; er sondert sich von demselben bei den Pflanzen
und unteren Thierarten nach seiner Vollendung, entwickelt und er-
nährt sich unter gewissen begünstigenden Umständen. Bei den
obern Thierarten und bei den Menschen gedeiht er und entwickelt
sich nur im Leibe der Mutter, die ihn gebähren und ernähren soll
mit Liebe. In hoher und zunehmender Vollkommenheit entfaltet
sich der Organismus in seiner Verbindung mit der Intelligenz,
welcher er zugeordnet erscheint, als Vermittelung aller Wahr-
nehmung und ihres ganzen innern und äussern Handelns und
Wirkens. Die organischen Bildungen sind vergänglich; aufgelö-
set kehren sie zurück zur anorganischen Natur, welcher sie ent-
nommen wurden; sie sind das Wechselnde. Die organischen und
intelligenten Kräfte zeigen sich immer dieselben in ihren verschie-
denen Ordnungen, sie sind das Stehende, das Unveränderliche.
Sie gebrauchen mit oder ohne Freiheit die anorganische Natur,
welche zu Zwecken dient, sich aber nie selbst Zweck ist.
Die menschliche Intelligenz zeigt sich allein der sittlichen
Ordnung angehörig, frei in ihrem Wollen und Handeln, unbe-
gränzt in ihrem Streben. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass un-
term Körper ein Stehendes unterliegt, welches mit der Intelligenz
unzertrennlich verbunden seyn dürfte. Einen schönen Blick ge-