F. v. Raumer: England.
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kenntnisse. Jeder, mit der Kirchengeschichte Bekannte, kann nicht
zweifeln, dass aus diesen aufs Aeusserste getriebenen Lehren die
ärgste geistige Tyrannei erwächst. Die Ansprüche der Geistli-
chen auf unbedingte Macht über Alles, was ie geistlich oder
kirchlich zu nennen belieben, bereiten den Weg zu den ärgsten
Beschränkungen menschlicher Freiheit. Durcti diese Deklamatio-
nen über die Rechte der Kirche Christi, wird den Vorurtheilen,
Schwächen und Irrthümern der Menschen geschmeichelt, und geist-
licher Hochmuth (eine so reiche Quelle practischer Uebel, so ver-
derbliches Gift für den Volkscharakter, so nachtheilig für die
wahre Religion) wird dargeboten und ermuthigt durch diejenigen,
deren Pflicht es wäre, eben diesen Hochmuth zu unterdrücken.
Die Geistlichkeit will allein entscheiden, welche
Rechte ihr zugehören; alle Rechte des Staats und
jeder anderen Religionspartei verschwinden vor die-
ser allmächtigen Gewalt.
Schliesslich theilen wir noch einige Aeusserungen des Herrn
v. Raumer mit, in welchen sich das Urtheil abspiegelt, welches
derselbe nach eigener Anschauung der englischen Kirchenverfas-
sung sich gebildet hat.
Bei Gelegenheit der Verhandlungen des Parlamentes über die
kirchlichen Angelegenheiten Irlands bemerkt Herr v. Raumer (I.
85.): Nach Beseitigung der irländischen Kirchenfrage wird sich
die Aufmerksamkeit sogleich wieder auf die englische Kirche rich-
ten, welche ebenfalls wesentlicher Verbesserungen bedarf.
Den Standpunkt eines Katholiken oder Presbyterianers ganz zur
Seite lassend, kann man erweisen, dass innerhalb der von den
Episcopalen gebilligten Kreise, sich gar viele Män-
gel e i n g e s c h 1 i c h c n haben, welche weggeschafft werden
müssen, wenn nicht die ganze Einrichtung zu Grunde
gehen soll.
Im Jahre 1835 schloss Herr v. Raumer seine Mittheilungen
über die kirchlichen Zustände Englands mit folgenden Worten
(II. 448 f.): Deutschland und England befinden sich in Beziehung
auf Religion und Theologie an sehr verschiedener Stelle und auf
sehr verschiedenem Wege, wozu die Gleichstellung der grossen
Parteien im westpbälischen Frieden und die Unterjochung al-
ler Parteien in Grossbritannien bis auf irgend eine einzelne
wesentlich beigetragen hat. Daher betrachtet man das Festbalten
und Hervorheben der Gegensätze und Verschiedenheiten
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kenntnisse. Jeder, mit der Kirchengeschichte Bekannte, kann nicht
zweifeln, dass aus diesen aufs Aeusserste getriebenen Lehren die
ärgste geistige Tyrannei erwächst. Die Ansprüche der Geistli-
chen auf unbedingte Macht über Alles, was ie geistlich oder
kirchlich zu nennen belieben, bereiten den Weg zu den ärgsten
Beschränkungen menschlicher Freiheit. Durcti diese Deklamatio-
nen über die Rechte der Kirche Christi, wird den Vorurtheilen,
Schwächen und Irrthümern der Menschen geschmeichelt, und geist-
licher Hochmuth (eine so reiche Quelle practischer Uebel, so ver-
derbliches Gift für den Volkscharakter, so nachtheilig für die
wahre Religion) wird dargeboten und ermuthigt durch diejenigen,
deren Pflicht es wäre, eben diesen Hochmuth zu unterdrücken.
Die Geistlichkeit will allein entscheiden, welche
Rechte ihr zugehören; alle Rechte des Staats und
jeder anderen Religionspartei verschwinden vor die-
ser allmächtigen Gewalt.
Schliesslich theilen wir noch einige Aeusserungen des Herrn
v. Raumer mit, in welchen sich das Urtheil abspiegelt, welches
derselbe nach eigener Anschauung der englischen Kirchenverfas-
sung sich gebildet hat.
Bei Gelegenheit der Verhandlungen des Parlamentes über die
kirchlichen Angelegenheiten Irlands bemerkt Herr v. Raumer (I.
85.): Nach Beseitigung der irländischen Kirchenfrage wird sich
die Aufmerksamkeit sogleich wieder auf die englische Kirche rich-
ten, welche ebenfalls wesentlicher Verbesserungen bedarf.
Den Standpunkt eines Katholiken oder Presbyterianers ganz zur
Seite lassend, kann man erweisen, dass innerhalb der von den
Episcopalen gebilligten Kreise, sich gar viele Män-
gel e i n g e s c h 1 i c h c n haben, welche weggeschafft werden
müssen, wenn nicht die ganze Einrichtung zu Grunde
gehen soll.
Im Jahre 1835 schloss Herr v. Raumer seine Mittheilungen
über die kirchlichen Zustände Englands mit folgenden Worten
(II. 448 f.): Deutschland und England befinden sich in Beziehung
auf Religion und Theologie an sehr verschiedener Stelle und auf
sehr verschiedenem Wege, wozu die Gleichstellung der grossen
Parteien im westpbälischen Frieden und die Unterjochung al-
ler Parteien in Grossbritannien bis auf irgend eine einzelne
wesentlich beigetragen hat. Daher betrachtet man das Festbalten
und Hervorheben der Gegensätze und Verschiedenheiten