Menzel: Deutschlands auswärtige Politik. 25
deuteteu, die Nähe einer grossem, wenn auch nicht langen und Princi-
pien verfechtenden Waffenentscheidung krineswegs unmöglich, sogar
wahrscheinlich. Es ist daher nützlich, auch einmal den Blick von der
innern Lage Deutschlands auf die äussere oder diplomatische zu richten.
Dies hat Hr. W. Menzel, von dein milzsüchtigen Börne der Fran-
zosenfresser benamset, in dem oben bezeichneten Büchlein auf zweck-
mässige Weise versucht. Es ist der Mühe werth, den Kern seiner Be-
trachtungen herauszuheben und mit etlichen , theilweise abweichenden
Randglossen ohne Anspruch auf Neuheit oder prophetenartige Salbung
auszustatten. — Der Verfasser beginnt mit einem merkwürdigen Urtheil
des nordamerikanischen Präsidenten über die neue Ordnung der Dinge,
welche der Wiener Congress ([1815^) festgestellt hatte. Die bisherigen
Anstrengungen der europäischen Hauptmächte seien, lautet es, wider das
einseitige Uebergewicht Frankreichs gerichtet gewesen. Von neuem müsse
man die Gefahren der deutschen Einheitsidee bekämpfen und die in
Deutschland schlummernden Kräfte niederhalten. Das sei die Aufgabe
einer gemeinsamen und entschlossenen Politik. — Allein diese Aeusserung
des Herrn James Madison, — denn so hiess der damalige Präsident, —
ist ziemlich unschuldiger Art; denn die Amerikaner bekümmerten sich
damals hauptsächlich um die Engländer, deren Angriff sie mit Mühe ab-
geschlagen hatten, und bedienten sich gegenüber Deutschland einer in
jenen Tagen beliebten Phrase. Diese ist aber eben so unbedeutend, als
die vor etlichen Wochen durch den Präsidenten Polck ausgebrachte Be-
glückwünschung Deutschlands, welches nach einer den Nordamerikanern
ähnlichen Unionsverfassung strebe. Die Hauptursache des Misslingens deut-
scher Unionsversuche muss man nicht mit Herrn Menzel, welcher hier
der Abladungs- oder Reinigungspolitik huldigt, bei den Fremden, son-
dern bei den Deutschen selber suchen. Es fehlen im entscheidenden Au-
genblick gewöhnlich Grossmuth, Aufopferungsfähigkeit und Sittenstrenge;
daher kommt, weil der Eine aus pedantischem Eigensinn, der Andere
aus Eitelkeit, der Dritte aus Gewinnsucht, die herkömmlichen Formen
nicht aufgeben will, gewöhnlich nichts Gemeinsames zu Stande. Gott
grösst sein Volk, aber man dankt ihm nicht; das Hin- und Herrathen,
das unschlüssige Abwägen aller Verhältnisse dauert so lange, bis der
günstige Augenblick vorüber ist. Nur die Noth, oder ein gerechter und
schwerer Krieg mit dem Auslande, oder ein allgemeiner Staatsbankerott
können dieser, seit Jahren eingelernten Kleinmeisterei und Oertlichkeits-
politik Ziel setzen; der Fremde benutzt nur die Blossen, kann sie aber
nicht erzeugen; denn sie liegen in dem neuern Yolkscharakter, welchem
deuteteu, die Nähe einer grossem, wenn auch nicht langen und Princi-
pien verfechtenden Waffenentscheidung krineswegs unmöglich, sogar
wahrscheinlich. Es ist daher nützlich, auch einmal den Blick von der
innern Lage Deutschlands auf die äussere oder diplomatische zu richten.
Dies hat Hr. W. Menzel, von dein milzsüchtigen Börne der Fran-
zosenfresser benamset, in dem oben bezeichneten Büchlein auf zweck-
mässige Weise versucht. Es ist der Mühe werth, den Kern seiner Be-
trachtungen herauszuheben und mit etlichen , theilweise abweichenden
Randglossen ohne Anspruch auf Neuheit oder prophetenartige Salbung
auszustatten. — Der Verfasser beginnt mit einem merkwürdigen Urtheil
des nordamerikanischen Präsidenten über die neue Ordnung der Dinge,
welche der Wiener Congress ([1815^) festgestellt hatte. Die bisherigen
Anstrengungen der europäischen Hauptmächte seien, lautet es, wider das
einseitige Uebergewicht Frankreichs gerichtet gewesen. Von neuem müsse
man die Gefahren der deutschen Einheitsidee bekämpfen und die in
Deutschland schlummernden Kräfte niederhalten. Das sei die Aufgabe
einer gemeinsamen und entschlossenen Politik. — Allein diese Aeusserung
des Herrn James Madison, — denn so hiess der damalige Präsident, —
ist ziemlich unschuldiger Art; denn die Amerikaner bekümmerten sich
damals hauptsächlich um die Engländer, deren Angriff sie mit Mühe ab-
geschlagen hatten, und bedienten sich gegenüber Deutschland einer in
jenen Tagen beliebten Phrase. Diese ist aber eben so unbedeutend, als
die vor etlichen Wochen durch den Präsidenten Polck ausgebrachte Be-
glückwünschung Deutschlands, welches nach einer den Nordamerikanern
ähnlichen Unionsverfassung strebe. Die Hauptursache des Misslingens deut-
scher Unionsversuche muss man nicht mit Herrn Menzel, welcher hier
der Abladungs- oder Reinigungspolitik huldigt, bei den Fremden, son-
dern bei den Deutschen selber suchen. Es fehlen im entscheidenden Au-
genblick gewöhnlich Grossmuth, Aufopferungsfähigkeit und Sittenstrenge;
daher kommt, weil der Eine aus pedantischem Eigensinn, der Andere
aus Eitelkeit, der Dritte aus Gewinnsucht, die herkömmlichen Formen
nicht aufgeben will, gewöhnlich nichts Gemeinsames zu Stande. Gott
grösst sein Volk, aber man dankt ihm nicht; das Hin- und Herrathen,
das unschlüssige Abwägen aller Verhältnisse dauert so lange, bis der
günstige Augenblick vorüber ist. Nur die Noth, oder ein gerechter und
schwerer Krieg mit dem Auslande, oder ein allgemeiner Staatsbankerott
können dieser, seit Jahren eingelernten Kleinmeisterei und Oertlichkeits-
politik Ziel setzen; der Fremde benutzt nur die Blossen, kann sie aber
nicht erzeugen; denn sie liegen in dem neuern Yolkscharakter, welchem