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Erwiederung λοπ Klein.
derm auch, dass nicht der berühmte Stein damals in Mainz war.
Ich schickte dieses Blatt Hrn. Venedey. Derselbe schrieb mir am
I. Februar, dass ich wegen des Ministers Stein irre. Darauf liess
ich am 9. Februar (N. 33) Folgendes erscheinen:
§ [Zur Geschichte von Mainz.] Als Custine am 18. Okt.
1792 vor Mainz erschien und desshalb dahier ein Rath gehalten
wurde, ist hiezu auch der k. preuss. Gesandte am Mainzer Hof,
v. Stein, zugezogen worden, welcher bekanntlich mit schuld war,
dass Mainz in Eile den Feinden übergeben wurde. Später meinten
Manche, dass der berühmte Stein damals in Mainz gewesen sei,
und durch jenen Rath schon seinen Franzosenbass bewiesen habe,
indem er durch die Uebergabe von Mainz an die Franzosen den
Krieg mit Frankreich für gewiss hielt; da in neuester Zeit wieder-
um erzählt wird, dass der berühmte Stein damals in Mainz war,
so wollen wir die Sache genauer betrachten. Vor dem Jahre 1787
residirte kein preussischer Gesandter in Mainz. Heinrich Friedrich
Karl v. Stein, der nachmals berühmte Mann, kam zwar den 3.
Juli 1785 nach Mainz und Aschaffenburg, nicht aber mit dem
Charakter eines Gesandten, sondern als »Reisender«, um mit dem
Kurfürsten wegen des Fürstenbundes zu verhandeln, den er auch
zu Stande brachte, worauf er sogleich am 24. Okt. wieder abreiste.
Er ging nach England, wurde 1788 Kammerdirector in Cleve und
blieb dort viele Jahre. Sein älterer Bruder, Johann Friedrich v.
Stein, preuss. Hoi- und Landjägermeister, kam im Jahre 1788 als
»ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister« nach
Mainz und wohnte hier bis zum Einzuge der Franzosen, wie die
kurfürstlichen Staatskalender vom Jahr 1788 bis 1792 ausweisen
(vor ihm. war v. Böhmer im Jahre 1787 der erste preussische Ge-
sandte dahier). Dieser ältere v. Stein war also im Oktober 1792
in Mainz, wie auch Pertz in Stein’s Leben I. Bd. S. 102 ausdrück-
lich erzählt. Als die Franzosen kamen, reiste er ab und kam mit
seinem Bruder in Giessen zusammen u. s. w. Also meine man
nicht mehr, dass in Mainz zuerst der berühmte Stein kriegerisch
aufgetreten sei.
Dieses Blatt schickte ich sofort an Hrn. Venedey nach Berlin;
er wird es nicht erhalten haben. Wenn derselbe sich nun auf
Pertz I. S. 57 beruft, so ist eben dort von Stein’s Aufenthalt im
J. 1785 die Rede. Es handelt sich aber vom J. 1792, in welchem
Jahre nicht der berühmte Stein, sondern sein Bruder Gesandter
in Mainz war.
Mainz, 19. Sept. 1870.
Klein.
Erwiederung λοπ Klein.
derm auch, dass nicht der berühmte Stein damals in Mainz war.
Ich schickte dieses Blatt Hrn. Venedey. Derselbe schrieb mir am
I. Februar, dass ich wegen des Ministers Stein irre. Darauf liess
ich am 9. Februar (N. 33) Folgendes erscheinen:
§ [Zur Geschichte von Mainz.] Als Custine am 18. Okt.
1792 vor Mainz erschien und desshalb dahier ein Rath gehalten
wurde, ist hiezu auch der k. preuss. Gesandte am Mainzer Hof,
v. Stein, zugezogen worden, welcher bekanntlich mit schuld war,
dass Mainz in Eile den Feinden übergeben wurde. Später meinten
Manche, dass der berühmte Stein damals in Mainz gewesen sei,
und durch jenen Rath schon seinen Franzosenbass bewiesen habe,
indem er durch die Uebergabe von Mainz an die Franzosen den
Krieg mit Frankreich für gewiss hielt; da in neuester Zeit wieder-
um erzählt wird, dass der berühmte Stein damals in Mainz war,
so wollen wir die Sache genauer betrachten. Vor dem Jahre 1787
residirte kein preussischer Gesandter in Mainz. Heinrich Friedrich
Karl v. Stein, der nachmals berühmte Mann, kam zwar den 3.
Juli 1785 nach Mainz und Aschaffenburg, nicht aber mit dem
Charakter eines Gesandten, sondern als »Reisender«, um mit dem
Kurfürsten wegen des Fürstenbundes zu verhandeln, den er auch
zu Stande brachte, worauf er sogleich am 24. Okt. wieder abreiste.
Er ging nach England, wurde 1788 Kammerdirector in Cleve und
blieb dort viele Jahre. Sein älterer Bruder, Johann Friedrich v.
Stein, preuss. Hoi- und Landjägermeister, kam im Jahre 1788 als
»ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister« nach
Mainz und wohnte hier bis zum Einzuge der Franzosen, wie die
kurfürstlichen Staatskalender vom Jahr 1788 bis 1792 ausweisen
(vor ihm. war v. Böhmer im Jahre 1787 der erste preussische Ge-
sandte dahier). Dieser ältere v. Stein war also im Oktober 1792
in Mainz, wie auch Pertz in Stein’s Leben I. Bd. S. 102 ausdrück-
lich erzählt. Als die Franzosen kamen, reiste er ab und kam mit
seinem Bruder in Giessen zusammen u. s. w. Also meine man
nicht mehr, dass in Mainz zuerst der berühmte Stein kriegerisch
aufgetreten sei.
Dieses Blatt schickte ich sofort an Hrn. Venedey nach Berlin;
er wird es nicht erhalten haben. Wenn derselbe sich nun auf
Pertz I. S. 57 beruft, so ist eben dort von Stein’s Aufenthalt im
J. 1785 die Rede. Es handelt sich aber vom J. 1792, in welchem
Jahre nicht der berühmte Stein, sondern sein Bruder Gesandter
in Mainz war.
Mainz, 19. Sept. 1870.
Klein.