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Nr. 57. HEIDELBERGER 1870.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Maria Theresia. Nach dem Erbfolgekriege 1748—1756. Von Alfred
Ritter von Arneth. Wien 1870. Braumüller.
Zu den erfreulichen Symptomen einer Reform in den inneren
Culturzuständen Oesterreichs rechnen wir die beginnende lebendige
Theilnahme an der modernen österreichischen Geschichte, welche
durch die Arbeiten der Herren Wolf, Vivenot, Janko, Arneth in
jüngster Zeit documentirt wurde. Nach der Entsetzung des alten,
der historischen Forschung im Wesentlichen feindselig gesinnten
Ritter von Erb, der nur allzulang als Vorstand des k. k. Hof- und
Staats-Archivs den Bemühungen der jungen und alten deutschen
Historiker den Riegel seines Amtsgewissens vorgeschoben hatte,
nach der Erhebung A. von Arneth’s zum Director des Hof- und
Staats-Archivs durfte man mit vollem Recht auf eine freiere Be-
nutzung der zu Wien aufbewahrten historischen Materialien und
auf ihre Verwerthung für die wahren Interessen der Wissenschaft
hoffen. H. von Arneth selbst schritt mit gutem Beispiel voran,
und der vorliegende Theil seines Werkes über Maria Theresia
ist die volle reife Frucht der umfassenden archivalischen Stu-
dien, welche er in seiner Stellung als Archivdirector über die
grosse Gegnerin Friedrich’s II. zu machen Gelegenheit und Musse
hatte. Styl und Darstellung sind zwar nicht glänzend, aber klar,
verständig, von jeder Uebertreibung und Ausschmückung frei. In
den ersten neun Kapiteln wird die innere Verwaltung der Kaiserin,
grossentheils an der Hand ihrer eignen, jetzt zum ersten Mal aus
der Privatbibliothek S. Μ. des Kaisers an’s Licht geförderten Auf-
zeichnungen geschildert. Wie scharf und vorurtheilsfrei Μ. Theresia
die Lage, die obwaltenden Missbräuche und die Mittel zur Abhülfe
erkannte, geht aus ihrem offenen Wort hervor, dass man bisher
eine allzuweitgehende Freigebigkeit gegen Geistlichkeit und Adel
in Oesterreich bezeigt habe. »Meine Vorfahren haben aus grosser
Pietät viel und zwar die meisten Cameralgüter und Einkünfte ver-
schenkt, was in jener Zeit zur Unterstützung der Religion und zur
Förderung der Geistlichkeit wohl hat geschehen können. Da aber
Gott uns jetzt in den deutschen Erblanden so gesegnet hat, dass
sowohl die katholische Religion die blühendste, als die Geistlich-
keit genugsam und wohl fundirt ist, so fällt dieser Grundsatz hin-
weg, und es wäre nicht allein nicht löblich, sondern ich hielte es
vielmehr für schädlich, wenn an die Geistlichkeit noch mehr ge-
geben und abgetreten würde, weil sie eineiseits solches nicht be-
darf andrerseits aber das was sie besitzt nicht so verwendet, wie
LXI1I. Jahrg. 12. Heft. 5?
 
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