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Hülsen, Julius; Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Milet: Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen seit dem Jahre 1899 (Band 1,5,Text): Das Nymphaeum — Berlin, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.3617#0045
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38

I. Baubeschreibung.

Die Sichtung der ausgegrabenen neun größeren Giebel-Eckblöcke begegnete insofern besonderen
Schwierigkeiten, als sie alle untereinander im Steinschnitt große Verschiedenheiten und zum Teil Willkürlich-
keiten aufweisen, sodaß kein Block mit dem anderen völlig übereinstimmt. Hinzu kommt die bei anderen
Werkstücken des Nymphaeums, namentlich den Kranzgesimsen, oben schon gekennzeichnete unregel-
mäßige Profilierung, ferner die starke Zerstörung der meisten dieser Stücke. Verhältnismäßig leicht sind
zunächst alle Blöcke auszusondern, die ein unverkennbares Akroterienlager haben und der oberen Ord-
nung zugeteilt wurden, ferner Nr. 17, dessen sauberes Lager für einen Säulenstuhl mit Sicherheit auf die
mittlere Ordnung hinweist. Es bleiben dann noch vier Blöcke mit teilweise stark ansteigenden seitlichen
Schrägen über der Sima, die in der mittleren Ordnung am vorderen Ende der Flügelbauten Platz ge-
funden haben. Die Auszählung nach gleichliegenden Ecken und die sorgfältige Berücksichtigung der
Profilhöhen und Konsolenabstände und weitere mit der Verteilung der Kranzgesimse, der übrigen
Giebelteile und der Volutengiebel zusammenhängende Erwägungen haben die Unterbringung der Giebel-
blöcke mit Sicherheit herbeigeführt. Dies wird im folgenden einzeln dargelegt.

Zunächst seien hier die Abstände zwischen den Konsolen untersucht, wenn auch damit keine schwer-
wiegenden Beweise für die Giebelverteilung erbracht werden. In der oberen Ordnung sind diese Ab-
stände bei den Giebeln Nr. II, 13, 14 ziemlich gleich, und zwar an der Vorderseite etwas größer als
an der Schmalseite, wodurch sich die Anzahl der Konsolen auf die Breite und Tiefe der Giebel gut
verteilt, es kommen nämlich auf erstere neun und auf letztere fünf. Nur der Block Nr. 10, der wegen
seines Akroterienlagers und seiner Höhe unbedingt zur oberen Ordnung gehört, zeigt breitere Abstände
und deshalb auch entsprechend nur die Anzahl von sieben und vier (vergl. den Konsolengrundriß auf
Tafel 47). Bezüglich der Kranzgesimse dieser Ordnung ist hervorzuheben, daß die Abstände ihrer Konsolen
leidlich mit den erstgenannten drei Giebel-Horizontalgesimsen übereinstimmen. Die Einteilung am mitt-
leren Tabernakel nach Kranzgesimsblock Nr. 1 ergibt auf der Vorderseite zehn und auf der Schmal-
seite fünf Konsolen. Hierbei ist jedoch zu bemerken, daß diese Konsolenabstände (20 cm) nicht mit
Giebel Nr. 11 (20,5 cm) und Nr. 13 (20,7 cm), sondern höchstens mit Nr. 14 (20,2 cm) ziemlich über-
einstimmen.

In der mittleren Ordnung zeigt sich in der Konsolenverteilung ein Unterschied zwischen der
Nischenfront und den Flügelbauten (vergl. den Konsolengrundriß auf Tafel 46), auf ersterer sind es ge-
nau wie in der oberen Ordnung neun Konsolen an der Vorderseite der Giebel-Horizontalgesimse und
der freien Kranzgesimse der flachgedeckten Tabernakel und fünf an der Schmalseite; auf den Flügel-
bauten dagegen sind es nur acht und vier, wobei naturgemäß und entsprechend die dem Markte zuge-
kehrte Seite der Flügeltabernakel deren sieben erhalten mußte. An der langgestreckten hinteren Außen-
seite der Flügelbauten sitzen die Konsolen etwas enger als an der Vorderseite der Flügeltabernakel.
Aus den hierzu in Betracht kommenden Giebel- und Gesimsstücken geht hervor, daß an der ersteren
zwischen zwei Säulenachsen je sieben Konsolen gegen deren sechs an der letzteren auf der gleichen
Streck« gezählt werden.

Die Giebelverteilung beruht zunächst auf dem durch die Architrav-Schichtpläne gewonnenen Ergebnis
(vergl. oben Abschnitt 5e S. 28f), daß die Tabernakel jedes höheren Geschosses gegen das darunter liegende
um eine Nischenbreite verschoben sind; hiernach ist es sicher, daß in der mittleren Ordnung die
Mittelnische frei lag, während sie in der oberen durch ein flachgedecktes Tabernakel ausgezeichnet
war. Da nun auf dem mittleren Tabernakel der Flügelbauten in der mittleren Ordnung nichts mehr
gesessen hat, wie die dorthin gehörenden Kranzgesimsblöcke beweisen, so kann der Giebelblock Nr. 17,
auf dessen Oberseite sich ein sauberes Laser für einen Säulenstuhl befindet, nur an der Nischenfront
 
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