Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hülsen, Julius; Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Milet: Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen seit dem Jahre 1899 (Band 1,5,Text): Das Nymphaeum — Berlin, 1919

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3617#0052
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
I, Baubeschreibung.

45

Nr. I ist ganz abweichend gestaltet. Der glatte hornförmige Helixstengel steigt aus dem linken
Eckblatt hart senkrecht auf, rechts neben demselben liegt eine offene vierblätterige Sternblume und erst
rechts unterhalb der letztern zeigt sich eine hängende, im Gegensinne von rechts nach links gedrehte
\ olute. Da letztere nicht von dem Helixstengel ausgehen kann, so muß sie zu einem eignen Mittel-
gebilde, etwa in der Weise, wie sie die Ergänzung auf Tafel 34 zeigt, gehören. Die sich hiernach
ergebende erhebliche Breite des Akroters von über 0,60 m weist dasselbe, ebenso wie seine besondere
Gestaltung dem breitesten und ausgezeichnetsten Giebel, dem Volutengiebel des Mitteltabernakels der
obern Ordnung zu.

Die technische Behandlung der Ornamente, mit den kräftig ausgebohrten schattenreichen Tiefen,
ist bei allen Akroterien sehr geschickt und offenbar auf eine gute Wirkung für den hohen Standort
berechnet.

8. STÜTZENTEILE.

Von den 68 Freistützen des Gebäudes sind nur sehr wenige Werkstücke erhalten geblieben; die
verhältnismäßig kleinen Schafte, Kapitelle und Basen waren nach dem Einsturz der ganzen Anlage
wegen ihrer leichten Verwendbarkeit der Verschleppung besonders ausgesetzt. Was erhalten ist, ge-
nügt zunächst, um erkennen zu lassen, daß viereckige Pfeiler und Säulen in verschiedenen, den drei
Geschossen entsprechenden Ordnungen verwendet waren.

a. Kapitelle. (Tafel 35, 59—62.)

Die erste Gruppe von Kapitellen — drei Säulenkapitelle und sechs Pfeilerkapitelle — zeigt die
übliche Form des Kompositkapitells mit zwei Reihen von je acht spitzlappigen Akanthusblättern mit
tief gebohrten Rispen am Korb; die Voluten sind in der Diagonale, unter den weit vorspringenden,
aber nicht spitzen, sondern abgestumpften Ecken des profilierten Abakus durch eine tiefe Rille von-
einander getrennt, die unmittelbar über dem Echinus sitzende Abakusblume ist verschieden, als drei-,
vier- und fünf blätterige Blüte gebildet (Tafel 59). Die Kapitellhöhe .beträgt 0,33 bis] 0,374 m, der
Halsdurchmesser 0,28 bis 0,31m. Die Oberlager zeigen außer dem Wolfloch ein bis drei Dübel-
löcher mit Vergußrinne. Die Bildung der gegen die freiliegenden Randteile etwas eingetieften obern
Lagerflächen läßt bei zwei Säulenkapitellen (Nr. n und 12) und einem Pfeilerkapitell (Nr. 13) erkennen,
daß dieselben zu freien Eckstützen gehören, da der Rand das Lager auf zwei rechtwinklig zusammen-
stoßenden Seiten umgibt. Dieselbe Verwendung erweist für das Säulenkapitell Nr. 10 die Stellung der
Vergußrinne, während bei den Pfeilerkapitellen Nr. 6, 16, 20, 14 die Lage derselben und die Anord-
nung der drei Dübellöcher auf die Stellung unter einem gerade durchlaufenden, auf den Kapitellen ge-
stoßenen Architrav deutet. Das Pfeilerkapitell Nr. 15 endlich ist nur zweiseitig ausgearbeitet und zeigt
an den beiden rückwärtigen Seiten ausgeklinkte Anschlußflächen, mit denen es an Mauerwerk anschloß,
es ist also das Kapitell eines ausspringenden Wandeckpfeilers; dieser Verwendung entspricht es auch,
daß nur ein Dübelloch auf dem Oberlager vorhanden ist.

Die zweite Gruppe — zwei Säulen- und zwei Pfeilerkapitelle — ist korinthischer Ordnung mit
spitzlappigem Akanthus; Kaulikulus und Helix sind entweder ganz eben oder nur schwach, als flache
Hohlkehlen, profiliert. Die Kapitellhöhe beträgt 0,295 bis 0,328 m, der Halsdurchmesser 0,22 bis 0,24 m.
Die erhaltnen Dübel und Lagerspuren geben keinen sichern Anhalt für die Lage der Kapitelle.

Die dritte Gruppe — zwei Säulen- und ein Wandeckpfeilerkapitell (Nr. 8) — ist ebenfalls ko-
rinthisch und unterscheidet sich von der zweiten Gruppe nur durch etwas geringere Höhe — 0,269
 
Annotationen