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Hülsen, Julius; Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Milet: Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen seit dem Jahre 1899 (Band 1,5,Text): Das Nymphaeum — Berlin, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.3617#0053
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46

I. Baubeschreibung.

bis 0,287 — und schwächere Ausladung. Die beiden Säulenkapitelle (Nr. 3 und 21) lassen auf dem, ein
Dübelloch zeigenden Oberlager die Lagerspur eines Freiarchitravs erkennen, der nur mit seinem Kopf
auf dem Kapitell auflag, den Rand also an drei Seiten frei ließ. Das zweiseitig ausgearbeitete Eck-
pfeilerkapitell geht an der Rückseite in einen großen Anschlußquader über, mit dem es in die Mauer
einband und der auf dem Oberlager eine halbe Klammerbettung zum Anschluß an den Nachbar-
block trägt; auf dem Kapitell Wolf und drei Dübellöcher, -- richtiger wohl ein Stemmloch und zwei
Dübellöcher, von denen das hintere dann vielleicht einem den Architrav fortsetzenden Wandquader
angehört.

Eine vierte Gruppe endlich — vier Säulenkapitelle und ein Pfeilerkapitell — besitzt bei einer
Höhe von 0,287 bis 0,315 m und einen Halsdurchmesser von 0,24 m mit den Stücken der zweiten und
dritten Gruppe annähernd übereinstimmende Abmessungen, zeigt aber eine von diesen ganz abweichende
Bildung. Es sind einfache volutenlose Pfeifenkapitelle — man könnte die Gattung äolisch-korinthisch
nennen —, der Korb ist in seinem unteren Teil durch zwei Reihen von je acht Akanthusblättern um-
geben, während sein oberer Teil von einem geschlossenen Kranze tief ausgekehlter, hinter jenen em-
porwachsender Schilfblätter (Pfeifen) eingehüllt wird, deren vorgewölbte- runde Enden sich unter den
quadratischen oder wenig ausgeschweiften und von einem Kyma bekrönten Abakus legen. Das Ober-
lager zeigt eine mittlere Lagerfläche, gegen welche der umlaufende Rand des Abakus, um ihn unbe-
lastet zu lassen, etwas vertieft abgearbeitet ist, im mittlem Teil befindet sich je ein Dübelloch mit
Vergußrinne, deren Lage bei dem zwei Dübellöcher zeigenden Pfeilerkapitell (Nr. 18) beweist, daß
dasselbe einer Eckstütze angehörte.

Kann über die Zuteilung der Kapitelle der ersten Gruppe zur untersten Ordnung nach ihren Ab-
messungen kein Zweifel sein, so stößt die Verteilung der Stücke der drei andern Gruppen in die
beiden Obergeschosse auf Schwierigkeiten, da die vielfachen Ungenauigkeiten und Abweichungen der
Maße eine scharfe Trennung nach der Größe unmöglich macht. Immerhin kann man annehmen, daß
die höheren Exemplare der korinthischen Kapitelle (Nr. I, 7, 9, 5) der mittlem, und die niedrigsten
(Nr. 8, 3, 21) der obersten Ordnung angehören; für die beiden Säulenkapitelle (Nr. 3, 21) wird diese Zu-
teilung durch die beschriebne Form ihrer Oberlager sicher bewiesen, da Freiarchitrave, außer im Unter
geschoß, nur noch im obersten Geschosse vorhanden sind.

Die Kapitelle der vierten Gruppe müssen dann dem dritten Geschosse zufallen, wobei die Ab-
weichung in Höhe und Halsdurchmesser gegenüber den hierher gehörigen Kapitellen der dritten Gruppe
auffällt; ist außerdem schon die Verwendung von zweierlei so grundverschiedenen Kapitellformen in
einem Geschosse sehr bedenklich, so darf endlich nicht verschwiegen werden, daß bei diesen Kapitellen
die Fundumstände in der Umgebung der Ruine, bei der Fülle verschiedener verschleppter Werkstücke
in diesem Stadtgebiet, keine unbedingte Sicherheit für die Zugehörigkeit derselben zum Gebäude bieten.
Es besteht daher für die in der Rekonstruktion angenommene Verwendung nur die Möglichkeit, aber
keine Gewißheit. Vielleicht wird man für das dritte Geschoß ebenfalls einheitlich korinthische Kapitelle
anzunehmen haben.

b. Pfeiler und Säulen. (Tafel 36, 37, 53, 62.)

Sehr spärlich sind die Reste der Schäfte von Säulen und Pfeilern, — kein vollständiger Säulen-
schaft und nur ein ganzer Pfeilerschaft ist gefunden worden. Am zahlreichsten sind die Fragmente
kannelierter Pfeiler von rechteckigem, meist quadratischem Querschnitt. Fuß und Hals derselben sind
mit Plättchen und Wulst profiliert, Verjüngung und Entasis ist bei den meisten stark ausgeprägt; die
 
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