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Hülsen, Julius; Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Milet: Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen seit dem Jahre 1899 (Band 1,5,Text): Das Nymphaeum — Berlin, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.3617#0011
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I. ßaubeschreibung.

Kassetten:

Untere Ordnung....................6

Mittlere „ ....................I

kleinere, nicht untergebrachte Bruchstücke...........4

II

Brüstungs- oder Wandsockel aus späterer Zeit............ 12

Statuensockel.....................______17

insgesamt 333

2. DAS WASSERWERK UND DIE OBEREN BEHÄLTER.

Die ausgegrabene Ruine zeigt ihren ehemaligen Aufbau noch deutlich in drei klar abgesetzten
Hauptteilen.

In der Mitte erhebt sich die mit Nischen besetzte Schmuckwand, dahinter liegt das Wasserwerk
mit seinen drei unteren gewölbten Kammern und seinen beiden oberen Hochbehältern, westlich davor
erstrecken sich die beiden Tiefbehälter. Es läßt sich ohne weiteres erkennen, daß die Schmuckwand
auf den breiteren Seitenwänden des unteren Hauptbehälters einen architektonischen Ausklang in Form
vorgeschobener Flügelbauten fand.

Der vordere Schöpfbehälter war in bescheidener Weise dieser großzügigen Tabernakel-Architektur
vorgelagert.

Während die gesamten architektonischen Gliederungen des Vorderbaues mit seinen Tabernakeln
lediglich einem dekorativen Grundgedanken entsprungen waren, ging das an der Rückseite angebaute
Wasserwerk in seiner Konstruktion und seiner Form gänzlich aus rein praktischen Anforderungen hervor
und entbehrte im Gegensatze zur vorderen Schmuckwand jeglicher schmückenden Zutat.

Das Wasserwerk sollte wohl mit voller Absicht als Nutzbau charakterisiert werden, der bei der
Betrachtung der Schmuckwand in der Mitte von Westen aus gesehen gänzlich verdeckt wurde. Es
wäre nicht ausgeschlossen, daß die schräge Einziehung seiner Seitenwände (vergl. Tafel 7) mit einer
solchen beabsichtigten Verdeckung in Zusammenhang zu bringen ist und nicht etwa mit irgendwelcher
ursprünglichen Begrenzung der Baustelle. Das Wasserwerk diente vor allem zur Aufnahme zweier
Hochbehälter im Obergeschoß, die unmittelbar von dem von Osten herkommenden Aquädukt gespeist
wurden und ihren Inhalt teils in die unteren Behälter, teils in das städtische Leitungsnetz abgaben.

Es beweist eine große technische Erfahrung, daß das Wasserwerk mit seiner wechselnden Belastung
durch den Wasservorrat nicht im Verband saß mit der es um ein zweites Obergeschoß überragenden
Schmuckwand, die durch die reichen Tabernakelbauten auf länglich schmalem Fundament eine keines-
wegs absolute Standfestigkeit besaß und außerdem über Eck mit den völlig in Säulenwerk aufgelösten
Flügelbauten verbunden war. Wasserwerkbau und Schmuckbau sind mit durchgehender Fuge aneinander-
gelehnt, und zwar ist die Schmuckwand zuerst errichtet, was sich daraus ergibt, daß in dieser verwendete
größere Bossenquadern von dem Mauerwerk des Wasserwerks umhüllt werden. Diese Vorkehrung weist
aber keineswegs auf verschiedene Bauzeiten hin, sondern hatte wohl nur den praktischen Zweck, ein
Reißen bei ungleichem Setzen der verschieden belasteten Baukörper zu vermeiden. Auch die Zwischen-
pfeiler der dicht hinter der Nischenwand angeordneten, schmalen Röhrenschächte waren auf beiden
Längsseiten ohne durchgehenden Verband mit dem umgebenden Mauerwerk.
 
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