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Hülsen, Julius; Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Milet: Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen seit dem Jahre 1899 (Band 1,5,Text): Das Nymphaeum — Berlin, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.3617#0077
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HI. Der figürliche Schmuck.

einzusetzen, zwischen denen Herakles (Nr. 12) und Asklepios (Nr. 9) stehen könnten, während in den
zwei linken Nischen Leto (zu ergänzen) und Artemis (Nr. 6) mit Apollo in der Mitte (zu ergänzen)
gestanden haben könnten und Dionysos (Nr. 11) den 1. Abschluß bilden mochte, — alles Götter mit
bezeugten milesischen Kulten,

Für den Oberstock bliebe, und zwar vielleicht für die Mitte, ein die Himmelskugel tragender
Atlas (Fragment 25), ferner ein tanzender Satyr (Nr. 10), Leda (Nr. ly), die stehende weibliche Figur
Nr. 20, die männliche Figur Nr. 13, sowie der Paris (Nr. 23), endlich alle kleineren Reste männlicher und
weiblicher Figuren wie Nr. 21, 22. Die fünf erstgenannten sind in der Rekonstruktion zur Füllung der
Tabernakel benutzt worden, während davon abgesehen wurde, mit dem fragwürdigen Rest die Nischen
zu füllen. Die beiden Niken (Nr. 16) hatten, so schließt man mit Gewißheit aus Nr. i6e, große vier-
eckige Löcher im Rücken, welche von Verankerung herrühren, sie standen also zweifellos als Akroterien
auf dem Bau.

Die Statuen der Schmuckwand standen auf Sockeln, von denen eine größere Anzahl gefunden
ist. Sie haben meist quadratischen Grundriß bei ungenauer Arbeit, sind äußerst einfach profiliert und
unterscheiden sich in der Größe nicht unerheblich, mit 0,56 bis 0,67 m Seitenlänge. Sie wurden offenbar
für die einzelnen Figuren gearbeitet. Die Höhe ist durchschnittlich 0,30 m. Entsprechend den Statuen,
die teils ausgeführte, teils flache Rückseiten haben, zerfallen auch die Sockel in solche, die ringsum,
und andere, die nur auf drei Seiten profiliert sind, auf der vierten nur roh bearbeitet. Drei heben sich
besonders heraus, zwei davon wegen ihrer ausgearbeiteten reichen Profile, einer wegen seiner Form
und Größe. Er ist rechteckig, 1,07 m lang, 0,65 m breit und 0,39 m hoch. Eine Kurzseite ist un-
bearbeitet. Es ist offenbar der Sockel für eine Figur, wTie sie in Poseidon angenommen ist. Man muß
annehmen, daß auch die Figuren in den halbrunden Nischen viereckige Sockel hatten; denn andere
sind nicht gefunden. Die Sockel waren weder mit dem Boden noch mit den Statuen verdübelt.

3. DIE STATUENTYPEN.

Die Nymphäumskulpturen sind Nachbildungen von Erfindungen verschiedener Epochen. Dem
fünften Jahrhundert v. Chr. gehören die Vorbilder zu der Artemis Nr. 6, dem Asklepios Nr. 9 und
dem Jünglingstorso Nr. 14 an; ins vierte Jahrhundert weist der Paris Nr. 23 und das vermutlich
lysippische Urbild des aufgestützten Herakles, das in Nr. 12 nachgebildet ist. Hellenistischer Er-
findung ist der tanzende Silen Nr. 10 und die Quellnymphe Nr. 7. Die übrigen Stücke sind römisch.
Gegen die Datierung der tiefgegürteten Frauenfiguren Nr. 4 und 8 in antoninische Zeit (Athen. Mitt.
XXX 1905, 245 ff.) hat sich Hekler gewandt (Münchener archäologische Studien S. 191), ohne jedoch
das Vorkommen der tiefen Gürtung in hellenistischer Kunst zu erweisen. Ihrer technischen Ausführung
nach sind jedoch die Nymphäumskulpturen alle von gleicher Art, wenn auch nicht von gleicher
Güte der Arbeit. Ihr Zweck, die Dekoration, ist deutlich erkennbar; Einzelheiten und Feinheiten
fehlen durchaus. Wo jedoch solche an der Vorlage wichtig waren, hat man ihre Wirkung sehr
gut wiederzugeben gewußt; so die kleinen Fältchen zu beiden Seiten des Köcherbandes bei der
Artemis durch viele kurze, tiefe Bohrungen; dünnes, am Körper haftendes Gewand ist durch wenige
kräftige Züge angedeutet, die gerade so stark hervortreten, daß sie auf einige Entfernung noch
erkennbar sind und also recht zart erscheinen. Die Gewandfalten sind überall flott und sicher
mit dem Bohrer angelegt und meist sehr tief. Zwischen ihnen hat man an Stellen, die von vorn
nicht sichtbar waren, am Ende besonders unterhöhlter Züge kleine Stege stehen lassen, so an der
 
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