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Hülsen, Julius; Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Milet: Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen seit dem Jahre 1899 (Band 1,5,Text): Das Nymphaeum — Berlin, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.3617#0059
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1. Baubeschreibung.

noch zweifelhaft bleibt, ist in den einzelnen Abschnitten bemerkt worden; die einzige Unsicherheit von
größerer Bedeutung für die Wirkung des Bauwerkes ist diejenige hinsichtlich der Verteilung der Säulen
und Pfeiler. Diese ist, wie oben dargelegt, zwar gesetzmäßig vorgenommen, aber ob die Symmetrie-
gesetze wirklich befolgt waren, ist natürlich nicht zu beweisen.

In wenigen Worten zusammengefaßt, stellt sich der Bau als ein hervorragendes Beispiel der prunk-
vollen ostgriechischen Säulenfassaden dar, wie sie in der römischen Kaiserzeit so gern überall da an-
gewendet wurden, wo es sich um die Ausgestaltung einer großen Wandfläche handelte. Hier verkleidet
die sich in reichem Wechsel dreigeschossig über dem einfachen Sockel leicht aufbauende Säulen-
architektur die schwere Masse des Wasserkastells 'mit seinen Hochbehältern und Gewölben und um-
schließt mit den luftigen Flügelbauten schützend das große offene Wasserbecken. Der architektonische
Schmuck durfte und mußte sich auf diese Front beschränken, da das Wasserkastell selbst fast ganz
eingebaut und nur durch enge Gassen von seinen Nachbarbauten getrennt ist. Südlich liegt ein großer
ummauerter heiliger Bezirk — das prunkvolle Propylon erhielt er erst in der späten Kaiserzeit —,
vor demselben, die Südseite des Nymphäums deckend, ein kleiner Tempelbau; nördlich zieht sich die
Rückwand der Halle des Gymnasiums entlang. Nur vorn, vor dem Nymphäum öffnet sich der freie
Platz der Agora, an dem gegenüber das alte Rathaus mit seinem korinthischen Propylon liegt, während
sich südlich der große Markt mit einer Torhalle anschließt, an deren Stelle in antoninischer Zeit der
gewaltige zweigeschossige Säulenbau des Markttores trat, der eine Entwicklung des Systems des Nymphäums
darstellt und mit jenem zusammen erst der Ausschmückung des schönen Platzes die Vollendung gibt.
 
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