Cichorius, Name und Gründung der Stadt.
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Gründung der Stadt.
Das phrygische Hierapolis ist anscheinend erst verhältnismäfsig spät ge-
gründet worden, wenigstens wird die Stadt in der älteren Zeit niemals erwähnt1.
Schon der griechische Name deutet auf die Zeit nach Alexander, denn erst von
dieser Zeit an hat das Griechentum langsam hier im Binnenlande Kleinasiens festen
Fufs zu fassen begonnen. Herodot nennt bei Gelegenheit des Zuges des Xerxes zwi-
schen Lykos (Kolossae) und dem Mäander nur die Stadt Kydrara, und später finden
wir ungefähr in dieser Gegend das freilich nicht bestimmt zu fixierende Hydrela,
das aber in der Kaiserzeit noch neben Hierapolis bestand. Der ganze Landstrich ge-
hörte im dritten Jahrhundert v. Chr. zum syrischen Reiche und wurde durch die um
die Mitte dieses Jahrhunderts gegründete seleucidische Militärkolonie von Laodicea
beherrscht. Nach der Schlacht bei Magnesia kam dann im Jahre 190 v. Chr. die Land-
schaft, zusammen mit ganz Vorderasien bis zum Taurus an das pcrgamenische Reich,
Liv. 37, 55. 56; ob sie dabei in Phrygia inbegriffen war oder, wie mir wahrschein-
licher ist, mit den Worten agrum Hydrelitamtm- ad Plirygiam vergentem gemeint
war, ist belanglos. Eumenes sicherte die neuen Erwerbungen durch eine lange Kette
von Militärkolonien, einesteils um die Grenzen und andere wichtige Punkte3 zu
schützen, dann aber leitete ihn dabei, wie Radet, De coloniis a Macedonibus deductis
(Paris 1892) p. 54 f. nachweist, zugleich das Bestreben, durch sie jedesmal ein Gegen-
gewicht gegen die unzuverlässigen alten seleucidischen Militärposten zu schaffen.
Wenn wir nun bald nach 190 in der Apollonisinschrift Hierapolis als Stadt und in
nahen Beziehungen zum pergamenischen Königshause finden, so liegt es nahe, auch
in ihm eine jener neuen pergamenischen Grenzfestungen zu erblicken. Dafür spricht
vor allem seine gerade zu diesem — aber eigentlich auch nur zu diesem — Zweck
militärisch hervorragend günstige Lage. Au( nach Westen und Süden durchschnittlich
über hundert Meter steil herabfallendem, kaum einnehmbarem Plateau gelegen4 und
im Osten sich an die über der Stadt aufsteigenden Abhänge des Kötschelek-Dagh
anlehnend, beherrscht Hierapolis die Tiefebene zwischen Mäander und Lykos mit der
') In der pseudoaristotelischen Schrift T.efi xdsjxo'j
4i 395 wird das Plutonium von Hierapolis ge-
nannt TO £v (t>p'jyi'c(, obwohl vorher ahnliche lir-
scheinungen mit dem Namen der betreffenden
Stadt aufgezählt waren. Anscheinend kannte also
derjenige, der die Reihe zusammenstellte, dort
noch keine Stadt. Nun ist die Schrift zwar erst
nach Posidonius verfafst, allein wir haben es ja
nicht mit dem Compilator, sondern mit dessen
guten alten, wörtlich herübergenommenen Quellen-
schriftstellern zu thun.
-) Da nämlich nach Liv. 37, 55,4 schon bestimmt
war, dafs ganz Carien, soweit es am rechten
Ufer des Mäander lag, an Eumenes kommen
sollte, so kann 56, 3 die Sonderbestimmung, dafs
auch die nach Phrygien zu gelegene Caria Hy-
drelitana an Pergamum gegeben werde, nur eine
am linken Ufer des Mäander gelegene Landschaft
bezeichnen, und das kann dann einzig das untere
Lykosthal sein. Auf dieses pafst auch ausge-
zeichnet der Name Hydrela, die »Feuchte«,
wegen der Sumpfniederungen, die z. B. auf der
Ramsay'schen Karte {The Church in the Rom.
emp. 472) sehr deutlich erkennbar sind.
3) In der Nähe von Hierapolis wurde damals eine
solche Kolonie zum Schutze des Mäanderthals
und des Übergangs über den Flufs bei Tripolis
angelegt.
4) Daher nennt esVenantius, carm. 8, 3, 145 treffend
Hierapolis alma.
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Gründung der Stadt.
Das phrygische Hierapolis ist anscheinend erst verhältnismäfsig spät ge-
gründet worden, wenigstens wird die Stadt in der älteren Zeit niemals erwähnt1.
Schon der griechische Name deutet auf die Zeit nach Alexander, denn erst von
dieser Zeit an hat das Griechentum langsam hier im Binnenlande Kleinasiens festen
Fufs zu fassen begonnen. Herodot nennt bei Gelegenheit des Zuges des Xerxes zwi-
schen Lykos (Kolossae) und dem Mäander nur die Stadt Kydrara, und später finden
wir ungefähr in dieser Gegend das freilich nicht bestimmt zu fixierende Hydrela,
das aber in der Kaiserzeit noch neben Hierapolis bestand. Der ganze Landstrich ge-
hörte im dritten Jahrhundert v. Chr. zum syrischen Reiche und wurde durch die um
die Mitte dieses Jahrhunderts gegründete seleucidische Militärkolonie von Laodicea
beherrscht. Nach der Schlacht bei Magnesia kam dann im Jahre 190 v. Chr. die Land-
schaft, zusammen mit ganz Vorderasien bis zum Taurus an das pcrgamenische Reich,
Liv. 37, 55. 56; ob sie dabei in Phrygia inbegriffen war oder, wie mir wahrschein-
licher ist, mit den Worten agrum Hydrelitamtm- ad Plirygiam vergentem gemeint
war, ist belanglos. Eumenes sicherte die neuen Erwerbungen durch eine lange Kette
von Militärkolonien, einesteils um die Grenzen und andere wichtige Punkte3 zu
schützen, dann aber leitete ihn dabei, wie Radet, De coloniis a Macedonibus deductis
(Paris 1892) p. 54 f. nachweist, zugleich das Bestreben, durch sie jedesmal ein Gegen-
gewicht gegen die unzuverlässigen alten seleucidischen Militärposten zu schaffen.
Wenn wir nun bald nach 190 in der Apollonisinschrift Hierapolis als Stadt und in
nahen Beziehungen zum pergamenischen Königshause finden, so liegt es nahe, auch
in ihm eine jener neuen pergamenischen Grenzfestungen zu erblicken. Dafür spricht
vor allem seine gerade zu diesem — aber eigentlich auch nur zu diesem — Zweck
militärisch hervorragend günstige Lage. Au( nach Westen und Süden durchschnittlich
über hundert Meter steil herabfallendem, kaum einnehmbarem Plateau gelegen4 und
im Osten sich an die über der Stadt aufsteigenden Abhänge des Kötschelek-Dagh
anlehnend, beherrscht Hierapolis die Tiefebene zwischen Mäander und Lykos mit der
') In der pseudoaristotelischen Schrift T.efi xdsjxo'j
4i 395 wird das Plutonium von Hierapolis ge-
nannt TO £v (t>p'jyi'c(, obwohl vorher ahnliche lir-
scheinungen mit dem Namen der betreffenden
Stadt aufgezählt waren. Anscheinend kannte also
derjenige, der die Reihe zusammenstellte, dort
noch keine Stadt. Nun ist die Schrift zwar erst
nach Posidonius verfafst, allein wir haben es ja
nicht mit dem Compilator, sondern mit dessen
guten alten, wörtlich herübergenommenen Quellen-
schriftstellern zu thun.
-) Da nämlich nach Liv. 37, 55,4 schon bestimmt
war, dafs ganz Carien, soweit es am rechten
Ufer des Mäander lag, an Eumenes kommen
sollte, so kann 56, 3 die Sonderbestimmung, dafs
auch die nach Phrygien zu gelegene Caria Hy-
drelitana an Pergamum gegeben werde, nur eine
am linken Ufer des Mäander gelegene Landschaft
bezeichnen, und das kann dann einzig das untere
Lykosthal sein. Auf dieses pafst auch ausge-
zeichnet der Name Hydrela, die »Feuchte«,
wegen der Sumpfniederungen, die z. B. auf der
Ramsay'schen Karte {The Church in the Rom.
emp. 472) sehr deutlich erkennbar sind.
3) In der Nähe von Hierapolis wurde damals eine
solche Kolonie zum Schutze des Mäanderthals
und des Übergangs über den Flufs bei Tripolis
angelegt.
4) Daher nennt esVenantius, carm. 8, 3, 145 treffend
Hierapolis alma.
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