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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 2.1913

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f.93

Bücher.
HARGRAVE JENNINGS, »Die Rosenkreuzer. Ihre Gebräuche
und Mysterien.« Übersetzt von A. v. d, Linden. Zwei Bände. Mit zirka
300 Illustrationen und 12 Tafeln. Mit ausführlichem Namen* und Sach*
register. Berlin 1912. Verlag Hermann Barsdorf. Preis broschiert Mk. 12. — .
Der hier behandelte Stoff ist sehr interessant, auch für die psycho*
logische, und ich meine besonders für die psychanalytische Forschung. Ich
würde es aber bedauern, wenn ich, um diese Kenntnis zu erlangen, auf
das vorliegende Werk angewiesen gewesen wäre. Zwar findet man darin
das Material recht ausgiebig auf seinen Gehalt an Sexualideen durchgear*
beitet, und ein oberflächlicher Beurteiler könnte nun meinen, es läge hier
der Ansatz einer psychanalytischen Betrachtung des Themas. Es stünde
schlimm um die Psychanalyse, wenn sie so einseitig wäre, wie mancher
Kritiker sie sieht: als ob sie nichts anderes kennte, als Sexualität und wieder
Sexualität/ und es stünde auch schlimm um sie, wenn sie so leichtsinnig zu
Werke ginge wie der Autor dieses Buches über die Rosenkreuzer, welches
ich ebendeshalb als Quelle für irgendwelche ernste Arbeit ganz und gar
nicht empfehlen kann. Anders steht die Sache, wenn man bloß eine inter*
essante und anregende Lektüre sucht, mit stark okkultistischem Beigeschmack:
dann mag das Werk am Platze sein/ dabei macht übrigens die vorzügliche
Ausstattung das Lesen wirklich zum Vergnügen.
Das Buch wäre ungleich wertvoller ausgefallen, wenn der Autor, dem
es durchaus nicht an Fleiß gemangelt hat, mit mehr kritischem Vermögen
zu Werke gegangen wäre oder wenn wenigstens der Übersetzer von jener
Gabe, die dem Autor gänzlich mangelte, auch nur ein bißchen Gebrauch
gemacht hätte. Ein Buch wie die »Rosicrucians« von Hargrave Jennings
hätte mit kritischen Bemerkungen oder zum allermindesten mit einer die
nötigen Vorbehalte bringenden Einleitung versehen werden müssen/ statt
dessen erweist sich der Herausgeber in seiner das Original bloß anpreisenden
Einleitung als ebenso befangen wie der Autor. Nur daß ihm, dem neuere
Forschungen zugänglich sind als dem letzteren, der Mangel an kritischer
Umsicht noch mehr zur Last gelegt werden muß als Hargrave lennings.
Irreführend an dem Buch ist vor allem der Titel, Im Englischen mag
es noch hingehen, wenn man von Alchimisten, Astrologen und Kabbalisten
<einem Sprachgebrauch folgend) als von »Rosicrucians« spricht — obgleich
es nicht angeht, alle möglichen und unmöglichen Sekten, Orden etc. mit
ihnen zu vermengen, wie's eben kommt — im Deutschen aber wird die
Bezeichnung »Rosenkreuzer« für eine enger begrenzte Gruppe von Trägern
einer Bewegung {besonders des beginnenden siebzehnten Jahrhunderts) ge*
braucht, so daß der Buchtitel in jedem halbwegs eingeweihten Leser Er*
Wartungen erweckt, die das Buch nicht erfüllt, Es hätte sich also vor allem
gehört, daß der deutsche Herausgeber den Titel in der Einleitung kommentiere.
Statt dessen wagt er diese Wendung: »Da es bis jetzt an einem umfassen*
den Werke in deutscher Sprache über die Rosenkreuzer gefehlt hat, so hofft
der Herausgeber diese Lücke mit seiner Arbeit ausgefüllt zu haben . . . «
Demgegenüber muß denn doch festgestellt werden, daß gerade eine Reihe
deutscher Autoren die grundlegende Arbeit auf dem Gebiet der Rosen*
kreuzerforschung geleistet hat, während man aus Hargrave Jennings'Buch
über die Rosenkreuzer selbst herzlich wenig erfährt. Eher könnte man das
Werk mit v. d. Linden gelten lassen als: »eine Geschichte der Magie, der
Theosophie, sowie der alchymistisdien Philosophen aller Zeiten«,- wenn es
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