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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 6.1920

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Krauss, Friedrich S.: Der Doppelgängerglaube im alten Ägypten und bei den Südslawen: eine Mitteilung
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https://doi.org/10.11588/diglit.25677#0404
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Friedrich S. Krauss

Gewährt der teure Bog mir seinen Beistand
und tritt die Sreda her vor mich entgegen,
jedoch die Nesreca vom Weg mir ausweicht,
auf Ehr und Bog, es soll mich nicht gereuen —

— ich hoff auf ihre Nesreca zu stoßen!

Die nesreca ist eben die Unheil schaffende Doppelgängerin, das leib*
haftige Unglück.

In einem anderen Guslarenliede segnet die greise Mutter ihren Sohn,
den Junker Ivo von Zengg bei seinem Auszug auf die Brautfahrt an der
türkisch*italienischen Grenze in Dalmatien:

Ajde sine u sto dobri casa!

Sve ti sreda na put izlazila
a nesreca s puta salazila!

So zeuch, mein Sohn, zu hundert guten Fristen!
stets trete vor dich hin am Weg die Sreca,

Doch Nesreca dir weiche aus vom Wege!

Die Sreca wie die Nesreca weilen nicht stets an der Seite ihres
Schützlings, sondern beschäftigen sich gewöhnlich in seinen Angelegenheiten,
sei es als seine freiwilligen Vertreterinnen und Schutzgeister auf seinen
Gütern, in seinen Geschäftsangelegenheiten, auf Reisen oder im wilden
Waldgebirge oder verbringen irgendwo schlafend müßig ihre Zeit. Der
Volksglaube setzt sie in eine Reihe mit den Gewächseseelen, den Blumen*
und Baumgeistern, den Vilen. Ein glücklicher oder günstiger Augenblick
ist gegeben, wenn gerade die Sreca wacht, die Nesreca aber schläft. Den
Zeitpunkt weiß man nie gewiß. Man kann ihn selber erträumen oder es
erträumt ihn ein nächster Angehöriger oder man empfängt ein günstiges
Vorzeichen, dessen richtige Auslegung Sachverständigen zufällt. Es ist rat*
sam, ausdrücklich hervorzuheben, daß man etwas zu guter, günstiger Frist
anstelle und es trifft danach sicherlich ein. So lädt z. B. erwähnter Junker
Ivo von Zengg eine Menge Ritter als Hochzeiter und Brautführer ein und
schreibt jedem gleichlautend nur mit jeweiliger Einsetzung des betreffenden
Namens in das Rundschreiben. Bei der Beteuerung, daß er den Brautzug zu
guter Frist unternimmt, braucht er die Sreca und Nesreda nicht noch besonders
zu nennen.

Dragi pobro od Sibinja Janko!

Evo ti se zenim u dobri cas
A i tebe zovem u svatove,

Da mi beides starjesina, Janko!

Wahfbruder lieb, o Janko von Sibinj,

Zu guter Frist bin ich auf Freiersfüßen
Und lad auch dich auf meine Hochzeit ein,

Du mögst mein Alderman, o Janko, sein!

Mit Absicht betraut er mit der Hochzeitzugführung den berühmten
Kämpen, weil er damit die Braut und den Zug unter den Schutz und
Schirm der Sreca Jankos geborgen wissen will.
 
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