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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 10.1924

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Heft 1
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Giese, Fritz: Psychoanalytische Psychotechnik
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https://doi.org/10.11588/diglit.36527#0115
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Psychoanalytische Psychotechnik

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bei guter Reklame, also einer Reklame, die praktisch über die Apperzeption
hinaus zum Kaufe führt.
Sehr bekannt ist die akustische Rhythmik in Gestalt der gereimten oder
auch nur taktierten Sätze. Der Reklamefachmann sagt nicht „Reinige dich
mit dem Abradorstein", sondern ausdrücklich „Rims' die Hand mit Abrador".
Er sagt „Biomalz — Gott erhalt's'* oder er dichtet vierzeilig „Das Stiefel-
putzen, Einst 'ne Qual -— Zur Spielerei wird's Mit Erdal!" usw. Je ein-
fältiger die akustische Rhythmisierung, um so eindringlicher wirkt sie im
volkstümlichen Sinne. Ich verzichte darauf, hier jetzt meine Beobachtungen
über die Beziehungen zwischen archaischem Denken und Reklame mitzuteilen.
Es wäre das ein Kapitel für sich.
Optisch ist der Rhythmus — entsprechend experimentellen Befunden der
Sinnespsychologie — weniger gut zu fassen. Hier aber tritt in erster Linie
ein jenes Reklameprinzip der Reihung, der Anhäufung desselben Reizes
in Menge und die daraus folgende verstärkte Nachwirkung in mnemischer
Beziehung. Wir sehen Reklamebilder von Sektfirmen, in denen nicht einer,
sondern fünf Oberkellner nebeneinander dieselbe Marke präsentieren. Wir
finden die Glühlampen nicht einmal, sondern serienweis ausgelegt. Diese
Verstärkung durch optische Reihung ist reklametechnisch bekannt und letzten
Endes rhythmisches Prinzip. Ich will nicht untersuchen, ob dabei auch
Gestaltauffassungen des Ganzen eintreten. Nach meinen Erfahrungen ist dies
gerade nicht der Fall; der Beobachter sieht vielmehr die Wiederholung der
Einzelheiten und empfindet sie als Rhythmus — nicht als Komplexgestalt.
Aber das nur nebenbei.
Der optische Rhythmus verbindet sich gern mit motorischem, ohschon
letzterer auch bekannt ist (Beispiel: Klopfapparate hinter Fensterscheiben,
um die Aufmerksamkeit zu erregen). Der optischmotorische Rhythmus feiert
den Reklamehöhepunkt im Trickfilm, welcher in ganz beliebiger Sukzession
Reklameinhalte vorführt, und zwar im Sinne genetischer Folge. Diese
Rhythmik hat — zumal wenn sie noch, wie sehr häufig, den Nebenweg
des Humors ausnützt — ungeheure Reklamewirkung! Sie ist weitaus besser
als der Film in natürlicher Rhythmik. (Gehtempo usw.). In allen Fällen
ist das, was den Beeinflussenden trifft, eine ausgesprochene Mitbeanspruchung
des Unterbewußtseins und nun braucht man nur der verschiedenen Er-
klärungsversuche des Rhythmischen sich zu erinnern, um auch zur Psycho-
analyse eine Verbindung zu bekommen. Sicherlich gehört die theoretische
Erklärung des Rhythmus durch die Psychoanalyse zu den elegantesten und
wahrscheinlichsten. Die Anwendung aber auf die Reklame ist dadurch ge-
 
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