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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 10.1924

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Heft 4
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Kuhnen, Hans: Psychoanalyse und Baukunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.36527#0386
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Psychoanalyse und Baukunst
Von Regierungsbaumeister Hans Kuhnen (Aachen)
i
Ehhrhung*
Die Psychoanalyse hat, indem sie auf das Wesen der Kunst ein ganz,
neues Licht fallen ließ, der Ästhetik wertvolle Wege der Erkenntnis er-
schlossen.
Von Außenstehenden hat die Psychoanalyse immer wieder den Vorwurf
hören müssen, daß ihre Ergebnisse sich auf Material stützen, welches aus
der Erforschung des Seelenlebens neurotisch Erkrankter gewonnen worden
sei, und daß daher ihre Anwendung auf Gebieten des normalen Geistes-
lebens eine unberechtigte Verallgemeinerung darstelle. Wenn nun auch
dieser Vorwurf auf einer völligen Außerachtlassung psychischer Tatbestände,
dem Ableugnen jeglicher unbewußten Vorgänge und Zusammenhänge
beruht, so dürfte dennoch jeder Beitrag zur angewandten Psychoanalyse
willkommen sein, dessen Material sich nicht unmittelbar auf den Aus-
sagen in einer Krankenanalyse aufbaut, sondern beim Vergleiche des sich
stets wiederholenden Stoffes und der baukünstlerischen Motive sich in
notwendiger Deutung ergibt.
Der vorliegende Versuch will die Psychoanalyse auf einem praktischen
Gebiete der Kunst zur Anwendung bringen, das auf den ersten Anschein
hin keine allzu große psychoanalytische Ausbeute verspricht, der prak-
tischen Baukunst im weitesten Sinne (der Garten-, Ingenieur-, Stadtbau-
kunst, Architektur) die, wie ja schon ihre Klassifizierung in der ästhetischen
Wertlehre als „unfreie" Kunst besagt, Bedingungen unterworfen ist,
welche die Betätigung der frei spielenden schaffenden Phantasie in be-
stimmt und fest umrissene Grenzen nüchterner Lebensforderungen bindet.
Psychoanalytisch läßt sich diese Gebundenheit durch, den Gegensatz der
 
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